Kältehilfe für Obdachlose endet: Bedenklicher Gesundheitszustand

Mit dem März endet in Berlin auch die Kältehilfe. Plätze gebe es genug, sagen die Träger. Doch der Zustand vieler Obdachloser sei bedenklich.

Ein Mensch ohne Obdach schläft auf einer Bank in Berlin Foto: DPA

Auf seinen Rollator gestützt brüllt der Grauhaarige, die Hose hängt ihm fast in den Kniekehlen. Neben ihm, auf dem Boden unter der S-Bahn-Brücke, haben es sich zwei Männer in Schlafsäcken bequem gemacht, in einem leeren Kaffeebecher sammeln sie Geld. Obdachlose wie die an der Frankfurter Allee in Friedrichshain werden ab Freitag wieder stärker sichtbar sein in der Stadt. Denn mit dem März enden die Angebote der Kältehilfe.

In der Wärmelufthalle hinter dem Ringcenter zogen deren Träger – Wohlfahrtsverbände, Rotes Kreuz und andere – am Donnerstag Bilanz. Die fällt zunächst gut aus: Obwohl die Kältehilfe nur mit 550 Plätzen startete, hätten in der Spitze 956 Plätze pro Nacht zur Verfügung gestanden, berichtete Diakonie-Direktorin Barbara Eschen. Die von Rot-Rot-Grün angestrebten 1.000 Übernachtungsplätze wurden damit nahezu erreicht und sollen auch im nächsten Winter wieder zur Verfügung stehen.

„Noch nie gab es so viele Not­übernachtungsplätze wie zum Ende dieser Saison“, sagte Eschen. Sie kam zu dem bemerkenswerten Schluss: „Wir brauchen nicht mehr Plätze.“ Denn das System der Kältehilfe sei als „Notpflaster“ gedacht und solle nicht immer weiter ausgeweitet werden. „Wir benötigen normale Wohnverhältnisse für die Menschen.“

Rund 100.000 Übernachtungen gab es im vergangenen Winter in den Einrichtungen der Kältehilfe. Die Auslastung der Notübernachtungen und Nachtcafés lag im Schnitt bei 91 Prozent. In besonders kalten Nächten seien gerade zentral gelegene Notunterkünfte aber überlastet gewesen, so Eschen. „Es sind die Spitzenwerte, die uns Probleme machen.“

Ebenso wie der gesundheitliche Zustand vieler Obdachloser: Der habe sich im Schnitt verschlechtert, berichteten die Träger unisono. Die Menschen kämen nicht nur mit Läusen oder Krätze, sondern auch mit Tuberkulose, erzählte Ulrich Neugebauer von der Berliner Stadtmission. Jeder Fünfte in ihren Unterkünften habe wegen körperlicher, geistiger oder psychischer Einschränkungen besonders betreut werden müssen. „Vor vier Jahren hatten wir einen Rollstuhlfahrer, dieses Jahr waren es sieben“, so Neugebauer. Auf Dauer überfordere das die Mitarbeiter.

„Wir benötigen dringend eine ganzjährige Pflegeeinrichtung“, sagte deshalb Eschen. Auch ein Hospiz für Obdachlose sei nötig. „Es braucht einen Ort, an dem Menschen in Ruhe sterben ­können.“

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