Kolumne Pressschlag: Sein Arsenal verschossen

Beim Arsenal FC geht die Ära des Trainers Arsène Wenger nach 22 Jahren zu Ende. Aber wann spricht man eigentlich von einer Ära?

Arsène Wenger winkt, im Hintergrund Fans

Arsène und Spitzenplätze: Wenger im Jahr 2014 Foto: reuters

Arsène Wenger tritt nach 22 Jahren von seinem Job als Cheftrainer des Arsenal FC in London zurück. Nun spricht die gesamte Fußballöffentlichkeit von einer Ära, die zu Ende geht.

Zu Recht. Aber wann ist eine Ära eine Ära? Gerade mal drei Meistertitel hat Wenger in seiner mehr als zwei Jahrzehnte dauernden Amtszeit geholt. Während Udo Lattek mit dem FC Bayern München insgesamt sechs Mal Meister wurde – drei Mal beim ersten Engagement, drei Mal beim zweiten. Ära Lattek? Nö. Vier deutsche Meistertitel gewann Jupp Heynckes mit den Bayern, musste dafür aber insgesamt vier Mal anheuern. Hat er Ära verdient? Schon eher.

Dass man im englischen Fußball zu Recht von einer Ära Ferguson spricht, dem Wenger von Manchester United mit seinen 13 nationalen Meisterschaften in 27 Jahren – gebongt. (Pokale und internationale Wettbewerbe werden hier der Übersichtlichkeit halber geschlabbert.)

Aber was ist mit den Kollegen José Mourinho und Pep Guardiola? Bei Pep haben vier Jahre Barcelona genügt, um eine Ära zu begründen. Ob das auch für seine Zeit beim FC Bayern gilt – das dürfte Karl-Heinz Rummenigge anders sehen. Und bei Mourinho? Drei Meistertitel in zwei verschiedenen Engagements beim Chelsea FC – das reicht nicht, damit man in London von einer Ära Mourinho spräche.

Wengers Titelarmut geht (langsam sollten wir uns angewöhnen, zu schreiben: ging) einher mit dem sehr konsequenten Versuch, eine bestimmte, schnelle Art des Fußballs durchzusetzen

Es ist halt ein Elend mit den Ären. In Bremen kennt jeder die Ära Rehhagel: 14 Jahre, zwei Mal deutscher Meister, aber dennoch weiß der Verein, was er an ihm hatte. Ähnliches gilt für die Ära Finke beim SC Freiburg: 16 Jahre ohne Titel, drei Abstiege und drei Aufstiege, aber: Er ist der Mann, der den – erstklassigen, ansehnlichen, erfolgreichen, modernen (das Richtige bitte selbst ankreuzen!) – Fußball in den Breisgau brachte.

Wenn es also gar nicht so sehr auf die Titel ankommt, weil sogar einer wie Finke als Ära-Begründer durchgeht, dann ist man ja doch wieder bei Arsène Wenger: Seine Titelarmut geht (langsam sollten wir uns angewöhnen, zu schreiben: ging) einher mit dem sehr konsequenten Versuch, eine bestimmte, schnelle Art des Fußballs durchzusetzen. Und zugleich damit, dass parallel Kollege Guardiola eine erfolgreichere Variante des modernen Fußballs entwickelte.

Wir lernen: Eine Ära Wenger geht zu Ende. Und: Eine Ära Mourinho oder Lattek gab es nicht. Ära, wem Ära gebührt. Martin Krauß

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Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte

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