Kolumne Pressschlag: Olympiavirus im Rhein-Ruhrgebiet

In NRW fantasiert man von profitablen, sozialen und ökologischen Sommerspielen 2032. Die Fakten der Geschichte zeugen vom Gegenteil.

Die Sonne geht über dem Förderturm einer Zeche und einem Flutlichtmast eines Stadion auf

Man träumt von der goldenen Olympia-Zukunft Foto: dpa

Es ist eine Plage. Schon wieder hat dieser fiese Olympiavirus in Deutschland zugeschlagen. Der Patient kommt dieses Mal aus Nordrhein-Westfalen. Es sind leider wieder die altbekannten Symptome zu beobachten: massive Beeinträchtigung des Wahrnehmungs- und Denkvermögens, autoaggressive Verhaltensweisen, die insbesondere durch einen starken Hang zur Selbstschädigung zum Ausdruck kommen, und diese permanente Neigung zu Fantastereien.

Auf Initiative des Netzwerkers und Sportmanagers Michael Mronz haben sich für die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele und Paralympics 14 nordrhein-westfälische Kommunen zusammengetan. Olympia 2032 solle der „Prozess einer Bürgerbewegung“ werden, fabulierte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Der Wunsch von oben, dass da etwas von unten entsteht, ist allerdings mit einem gewissen Misstrauen behaftet. Von einer Abstimmung in der Bevölkerung über eine Olympiabewerbung 2032 hält Laschet wenig. Er räumt aber ehrlicherweise ein, dass dies eventuell nicht verhindert werden kann.

Die Liste der deutschen Olympiapatienten wird länger und länger: Berchtesgaden 1992, Berlin 2000, Leipzig 2012, München 2018 und München 2022, Hamburg 2024. Deren olympische Fantasiegebilde sind immer wieder verlässlich in sich zusammengestürzt. Die Folgekosten der fiebrigen Vorstellungen waren immer erheblich. Zuletzt blieb die Stadt Hamburg auf Bewerbungsausgaben von 15 bis 20 Millionen Euro sitzen. Wirkliche Begeisterung konnte in der breiten Bevölkerung für das größte Sportereignis der Welt nie entfacht werden.

Die vom Olympiavirus Befallenen mussten sich stets mit einem großen Gegner auseinandersetzen: dem gesunden Menschenverstand. Dass die Olympischen Spiele ökonomische Impulse freisetzen, welche die Infrastruktur, den Tourismus, die Arbeitsplätze und den Wohlstand aller überhaupt stärken, an dieses Märchen glaubt schon lange keiner mehr. Die Fakten der olympischen Geschichte zeugen vom Gegenteil. Während das Internationale Olympische Komitee große Gewinne einstrich, verschuldeten sich die Veranstaltungsorte aufgrund ihrer hohen Ausgaben. Gerade die sozial Schwachen wurden immer wieder Opfer von Immobilienspekulation und Verdrängung.

Dessen ungeachtet will man in NRW ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit zum Markenzeichen der eigenen Olympia­bewerbung machen. Und schon die Kandidatur soll neue Impulse in die Stadtentwicklungs­politik freisetzen. Man hat das alles schon einmal gehört in Berchtesgaden, Berlin, Leipzig, München und Hamburg. Der Virus ist einfach nicht in den Griff zu bekommen.

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Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.

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