Kommentar G7 und China: Ohne Peking geht es nicht

Weltwirtschaft, Flüchtlinge, Terrorbekämpfung – es gibt wenig Einigkeit beim G7-Gipfel. Und ein wichtiger Akteur fehlt in Gänze.

G7-Gipfelteinehmer auf einer grünen Wiese

Winke, winke, China: G7-Gipfelteinehmer unter sich Foto: reuters

Angela Merkel verkauft die Formulierung als Erfolg: Die G7-Staaten erkennen die Fluchtbewegungen als eine „globale Herausforderung an, die eine globale Antwort erfordert“, heißt es in der Abschlusserklärung des Gipfels, der am Freitag zu Ende geht.

Dabei verwässert genau diese Globalität die konkrete Hilfe, auf die die Bundeskanzlerin gehofft hatte. Stattdessen verliert sich die Siebenergruppe in Allgemeinplätzen. Konkrete Maßnahmen bleiben aus. Die bittere Wahrheit für Merkel: Auch im G7-Rahmen steht sie in der Flüchtlingsfrage weitgehend alleine da.

Beim Vorhaben, die schwächelnde Weltwirtschaft zu beleben, sieht es kein Stück besser aus. Da fühlt sich der japanische Premierminister Shinzo Abe von den anderen Regierungschefs verlassen. Mit immer neuen Konjunkturpaketen versucht Abe seit Jahren nicht nur Japans schwache Konjunktur in Schwung zu bringen, sondern auch die der restlichen Welt.

Wenn Konsumenten und Unternehmen sich im Nachhall der großen Finanzkrise von 2009 weiterhin nicht trauen, Geld auszugeben und zu investieren, muss der Staat einspringen. Das ist die ökonomisch plausible Sichtweise der Japaner. In dieser Frage blockiert jedoch vor allem Deutschland. Die Bundesregierung versucht das von ihr propagierte Spardiktat nicht nur den leidenden südeuropäischen Staaten aufzudrücken, sondern der ganzen Welt. Und die Deutschen setzen sich durch.

Nur: Wenn alle gleichzeitig sparen, wird nicht investiert. Und wenn niemand investiert, kann auch kein neues Wachstum geschaffen werden. Kein Wunder, dass die Weltwirtschaft stagniert.

Weiter ohne Russland

Auch bei der Terrorbekämpfung scheinen die G7-Staaten nicht an einem Strang zu ziehen. Nach den Terroranschlägen in Paris im vergangenen Jahr demonstrierte die gesamte westliche Welt Eintracht und solidarisierte sich mit den Franzosen. Doch eine Strategie geschweige denn ein wirkungsvolles Vorgehen gegen den islamistischen Terror ist seitdem nicht erkennbar geworden.

Bis heute sind einige der Täter von Paris und Brüssel nicht geschnappt. Konzertierte Aktionen sind zwar kein Garant dafür, dass die Wurzeln des Terrors erfolgreich bekämpft werden. Aber eine Übereinkunft über ein geschlosseneres Vorgehen der G7 gegen das Wüten des IS vor allem in Syrien und Libyen wäre wünschenswert. Doch auch der blieb beim Gipfel aus.

Immerhin war Gipfelgastgeber Abe vor Kurzem bei Putin zu Gast, um einige Fragen zwischen der G7 und Russland vorzubesprechen.

Wenn der G7-Gipfel nur den Austausch unterschiedlicher Auffassungen bei ganz zentralen Fragen leistet – warum sind dann mit China und Russland zwei besonders wichtige Akteure des Weltgeschehens nicht dabei?

Russlands Präsident Wladimir Putin ist nach der Annektion der ukrainischen Halbinsel Krim von 2014 schon das dritte Mal vom Gipfel ausgeschlossen. Und da Russland an der Besetzung der Krim festhält, soll Putin weiter büßen. Auch wenn Russland vor allem im Syrienkrieg durch sein militärisches Eingreifen ein zentraler Machtfaktor ist, ohne den es keine Lösung geben wird, ist der Ausschluss zumindest noch nachvollziehbar. Immerhin war Gipfelgastgeber Abe vor Kurzem bei Putin zu Gast, um einige Fragen zwischen der G7 und Russland vorzubesprechen.

Warum ohne China?

Nicht nachvollziehbar ist aber, warum unter den G7-Regierungschefs nicht einmal darüber nachgedacht wird, China in diesen erlauchten Kreis aufzunehmen. Es gibt auf dem G7-Gipfel kaum ein Thema, das sich nicht um die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt dreht. Diskutiert wird über Chinas Stahlproduktion ebenso wie über dessen Währungspolitik. Die globalen Folgen der erlahmenden chinesischen Wirtschaft sind sogar Hauptthema.

Und auch in politischen Fragen ist Pekings Haltung inzwischen unerlässlich, etwa als möglicher Vermittler im Nahen Osten oder im Nuklearstreit auf der koreanischen Halbinsel. Im Territorienstreit im süd- und ostchinesischen Meer ist China sogar der Hauptaggressor.

Wenn die Gipfeldiplomatie einen Zweck erfüllt, dann den, Kontrahenten an einen Tisch zu bringen, statt sich aus der Ferne gegenseitig verbal zu beschießen. Alle Blicke richten sich nun auf China, das bereits im September das Treffen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) ausrichten wird. Vielleicht kommt es dort zu konkreten Ergebnissen.

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war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.

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