Neuer Fraktionschef der CDU Berlin: Wer darf Müller Kontra geben?

Die CDU entscheidet heute, wer neuer Fraktionschef im Landesparlament wird. Zwei Kandidaten sind noch im Rennen. Rückt die Fraktion nach rechts?

Mario Czaja und Frank Henkel

Eigentlich ein Relikt aus der düsteren Ära Henkel: Mario Czaja (l.) könnte neuer Fraktionschef der Union werden Foto: dpa

Der heutige Dienstag soll der Tag der Entscheidung in der Berliner CDU werden: Wird Ex-Sozialsenator Mario Czaja (42) oder Innenexperte Burkard Dregger (53) neuer Fraktionschef der Christdemokraten im Abgeordnetenhaus? An diesem Vormittag, so die Planung am Montag, sollen die beiden mit der Landesvorsitzenden der Partei, Monika Grütters, die Sache klären. Offiziell entscheiden eine Woche später alle 31 Abgeordneten der Fraktion. Anzunehmen ist aber, dass es nach dem Gespräch nur noch einen Bewerber geben wird.

Am Donnerstagabend, nach einer langen Parlamentssitzung, hatte der bisherige Vorsitzende Florian Graf (44) seine Fraktion und die Medien dar­über informiert, dass er sein Amt aufgibt. Er will Geschäftsführer beim brandenburgischen Landesver­band des CDU-Wirtschaftsrats werden und parallel einfacher Abgeordneter sein. Graf hatte den Vorsitz 2011 übernommen und bildete mit SPD-Fraktionschef Raed Saleh die wichtigste Achse der oft kriselnden rot-schwarzen Koalition, die bis 2016 regierte.

Grafs turnusgemäße Wiederwahl 2019 war zwar fraglich gewesen, weil er für manche zu wenig die Rolle des kämpferischen Oppositionschefs ausfüllte. Dass er aber jetzt von selbst abtreten würde, überraschte fast alle in der CDU-Fraktion.

Bereits am Donnerstagabend gab es die ersten Gespräche über die Personalie. Als Kandidat wurde neben Czaja und Dregger auch Generalsekretär Stefan Evers genannt. Der aber steht inzwischen nicht mehr auf der Shortlist möglicher Nachfolger. Evers möchte sich zwar nicht dazu äußern. Andere jedoch sagen, er sei mehr an einem Wechsel ins Europäische Parlament im kommenden Jahr interessiert. Ambitionen für eine solche Kandidatur 2019 hatte Evers gegenüber der taz im April nicht dementiert.

Weil Grütters, im Hauptberuf ja nicht CDU-Landeschefin, sondern Kulturstaatsministerin des Bundes, am Freitag dienstlich in Paris war, blieb sie bei den ersten Gesprächen außen vor. Angeblich soll sie darüber geschäumt haben – sie selbst sagt dazu nichts. Manche sehen die Kungelrunden der Kreisvorsitzenden wiederauferstehen, die in früheren Jahren jenseits der offiziellen Führungsgremien – Präsidium und Vorstand – die wichtigsten Entscheidungen fällten.

Allerdings werden die Kreisverbände in vielen Fällen von Mitgliedern der Fraktion geführt, also von jenen, die am 12. Juni das letzte Wort haben werden. Außerdem entwickelte sich als treibende Kraft unter den Czaja-Unterstützern der Kreisverband Steglitz-Zehlendorf, obwohl dessen Vorsitzender, Thomas Heilmann, nicht als Czaja-Fan einzuordnen ist.

Czaja selbst verspricht seinen 30 Fraktionskollegen in einem Brief, den ein langjähriges Mitglied als „sehr gut formuliert“ bezeichnete, eng mit Grütters als Landesvorsitzender zusammenzuarbeiten. Er widerspricht darin dem öffentlichen Eindruck, er beanspruche mit dem Fraktionsvorsitz zugleich die CDU-Spitzenkandidatur bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl. Weil die bei normalem Verlauf erst 2021 ansteht, hat Grütters, die als Landesvorsitzende traditionell den ersten Zugriff darauf hätte, eine Festlegung bislang vermieden.

Czaja verspricht seinen 30 Fraktionskollegen in einem Brief, eng mit Grütters zusammenzuarbeiten.

Viele Mitglieder der Fraktion sehen ihre Unterstützung für Czaja nicht als Kritik an Dregger, dem CDU-Innenexperten und Chef des Amri-Untersuchungsausschusses: Dieser sei „ein toller Fachmann“, Czaja sei jedoch politisch breiter aufgestellt und stehe mehr für eine moderne CDU als der konservativere Dregger. Als belastend für Czaja gilt sein – vorsichtig ausgedrückt – suboptimales Management der Flüchtlingsversorgung am Landesamt für Gesundheit und Soziales, für das er als Senator bis 2016 zuständig war.

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