Spannungen vor Refendum in Burundi: Dutzende Tote bei Massaker

Nur wenige Tagen vor einem Verfassungsreferendum überfallen Bewaffnete einen Hügel im Nordwesten des Landes. Sie töten ganze Familien.

Mehrere Männer in grüner und blauer Uniform halten Gewehre

Nach dem Überfall sichern Soldaten und Polizisten das Gebiet Foto: ap

BERLIN taz | Wenige Tage vor einem Verfassungsreferendum in Burundi hat ein blutiger Überfall die Spannungen im Land verschärft. Am 17. Mai sollen die Burunder über eine Verfassungsänderung abstimmen, die einen Verbleib des Präsidenten Pierre Nkurunziza im Amt bis 2034 möglich machen soll. In der Nacht zum Samstag starben 26 Menschen, als eine Gruppe Bewaffneter den Hügel Ruhagarika in der Gemeinde Buganda im Nordwesten des Landes überfiel, bestätigte die burundische Regierung am Samstag. Sicherheitsminister Albert-Guillaume Bunyonyi sprach von einem „Terrorangriff“.

Laut Augenzeugenberichten riegelten gegen 22 Uhr am Freitagabend rund 50 Bewaffnete in alten burundischen Armeeuniformen eine der Straßen von Buganda ab und gingen dann auf dem Hügel Ruhagarika von Haus zu Haus: Die Leute wurden mit Macheten abgeschlachtet oder erschossen, Hütten angezündet oder Granaten hineingeworfen. Elf der Toten waren Kinder. Eine Familie verlor zehn Angehörige. Der Überfall ereignete sich rund 500 Meter vor Grenze zum Kongo, die Täter zogen sich nach ihrem Angriff über den Ruzizi-Grenzfluss ins Nachbarland zurück. Ob die Angreifer auch aus dem Kongo kamen, ist unklar.

Die Lage in Burundi ist angespannt, seit Präsident Nkurunziza – ein ehemaliger Hutu-Rebellenführer – 2015 entgegen der Verfassung eine dritte Amtszeit antrat und einen Putschversuch aus den eigenen Reihen niederschlug. Gewalt vor allem seitens der staatlichen Sicherheitsorgane hat seitdem nach unabhängigen Angaben 1.200 Tote gefordert und über 400.000 Menschen in die Flucht getrieben. Der Internationale Strafgerichtshof ermittelt. Manche radikalen Oppositionellen haben bewaffnete Untergrundgruppen gemeldet, die jenseits der Grenze in Kongos Unruheprovinz Süd-Kivu Stützpunkte haben. Ob sie für den jüngsten Angriff verantwortlich sind, ist unklar; sie gelten als untereinander zerstritten. Vergangene Woche waren sieben Tote bei Kämpfen zwischen burundischen Rebellen im Kongo gemeldet worden, die sich daraufhin von der Grenzregion wegbewegt hätten.

Der Ablauf des Angriffs wirft Fragen an Burundis Regierung auf. Augenzeugen, die in unabhängigen burundischen Exilmedien zitiert werden, richten schwere Vorwürfe an die Armee: Man habe die Angreifer schon gegen 18 Uhr herumziehen sehen und sich gefragt, wer diese Männer in ausgemusterten Uniformen seien, aber der örtliche Armeeposten habe nicht reagiert. Erst als später der Angriff erfolgte, seien Soldaten aus der Provinzhauptstadt Cibitoke gekommen. Das deutet auf die Möglichkeit hin, dass die Regierung den Angriff selbst inszenierte oder gewähren ließ, um ein Klima der Einschüchterung vor dem Referendum zu fördern.

Hat die Regierung den Angriff selbst inszeniert oder ließ sie die Täter gewähren, um ein Klima der Einschüchterung vor dem Referendum zu fördern?

Sicherheitsminister Bunyonyi rief die Burunder am Samstag zum Zusammenhalt und zur Jagd auf Terroristen auf. Am Sonntag wurde gemeldet, die radikale Jugendmiliz der Regierungspartei habe zwei Universitätsgelände besetzt. „Imbonerakure“ gilt als verantwortlich für zahlreiche politische Morde, jetzt soll sie die Studierenden bedrohen: Wer am Donnerstag nicht mit Ja stimme, könne in den Kongo gehen.

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