Wein-Verkostung für die taz: „Eine ganz eigene Würze“

Historisches zu Wein und Welt: Christoph Raffelt, Blogger und taz-Kolumnist, schenkt beim 100. taz.salon am kommenden Sonntag Exotisches ein – und spricht darüber.

Gute Tropen müssen nicht aus Frankreich kommen: In einem georgischen Weinkeller Foto: Hans Peter Schaub

taz: Herr Raffelt, wie wirken sich politische Krisen auf den Weinbau aus?

Christoph Raffelt: Das kommt auf die Krise an. Wenn man sich den Libanon anschaut, der häufig in Kriege und Konflikte verwickelt ist, kann es schon mal sein, dass ganze Flächen verwüstet werden, Weinbau zwischenzeitlich nicht möglich ist oder unter Granatenbeschuss Wein geerntet wird. Das war auch so in der Champagne während des Ersten Weltkrieges.

Kann man in muslimischen Ländern wie dem Libanon oder Tunesien ungestört Wein machen?

Im Libanon ist es kein Problem, weil ein Großteil der libanesischen Bevölkerung christlich ist und es praktisch zu 100 Prozent Christen sind, die da Wein anbauen. In Tunesien gibt es nur sehr wenige Weinprojekte. In der Türkei muss man mal sehen, wie sich die politische Lage auf den Weinbau auswirkt. In den letzten Jahren gab es ein Revival. Die versuchen, deutlich stärker in den europäischen Markt zu kommen.

Möglicherweise könnte man ja ein Schnäppchen machen mit solchen Weinen.

Die sind gar nicht so günstig. Der Anreiz, für einen türkischen Wein ins Regal zu greifen, oder auch einen rumänischen oder bulgarischen, ist gering. Weltweit gibt es so viel vernünftig gemachten, günstigen Wein, dass die es echt schwer haben.

Was gibt es in diesen Weinländern zu entdecken?

Das Interessante ist, dass sie alle ihre autochtonen Rebsorten haben, also Sorten, die nirgendwo anders vorkommen. Forscher gehen davon aus, dass mehr als 1.000 unentdeckte Rebsorten existieren, die es nur in der Türkei gibt. Manche Historiker meinen, dass der Weinbau vielleicht aus China kam, dass aber mit Sicherheit Georgien das älteste Weinanbaugebiet Europas ist. Auch dort gibt es sehr viele Rebsorten, die wir gar nicht kennen.

Was zeichnet diese Sorten aus?

Sie haben einen eigenen Charakter. Öküzgözü etwa ist eine türkische Rebsorte, die große Trauben, eine sehr dunkle Farbe und eine ganz eigene Würze hat.

Inwiefern unterscheidet sich die Art des Weinbaus von der in den etablierten Ländern?

Es kommt ganz darauf an, wer die Weine macht. Es gibt auch in der Türkei und im östlichen Europa Winzer, die machen Weinbau mit europäischen Sorten und versuchen, den europäischen Gaumen zu treffen. Dann gibt es althergebrachte Formen der Weinbereitung wie in Georgien, wo in alten Quevris, Tonamphoren, die in der Erde vergraben sind, Wein gemacht wird – im Prinzip so wie vor 5.000 Jahren.

Und das schmeckt man?

Oh ja. Das ist ein völlig anderer Wein. Weine aus dem Quevri sind meistens Weißweine, die viel mehr Gerbstoffe enthalten, als wir das hier so kennen. Gerbstoffe kommen in den Wein über die Traubenhäute und die -kerne, ein bisschen auch über die Stängel. In Mitteleuropa ist das üblich für Rotweine aber nicht für Weißweine. Da kommt jetzt erst gerade eine kleine Mode auf, dass hiesige Winzer das machen. Das ergibt Weißweine, die vom Mundgefühl her an Rotweine erinnern.

Welche Rolle spielt die Lage bei den Weinen aus diesen Ländern?

Wir haben in Deutschland Weine von der Ahr bis Baden also von kühl bis warm, und so ist es dort auch. Es gibt die unterschiedlichsten Bodentypen und Ausrichtungen. Es kommt ja darauf an, ob der Weinberg nach Norden oder Süden ausgerichtet ist.

Versuchen, die dortigen Winzer Weine zu erzeugen, deren Lage, deren „Terroir“ man schmeckt?

Das spielt noch nicht so die Rolle, weil das der zweite Schritt ist. Lagenweine entstehen, wenn Lagen schon bekannt sind. Wenn ich als Winzer sagen, kann: In dieser Lage habe ich eine Parzelle und die ist bekannt, dann schreibe ich das aufs Etikett als Verkaufsargument. Wenn ich einen serbischen Weißwein habe, wo eine Lage draufsteht, sagt das nur einer ganz kleinen Gruppe von serbischen Weinkennern vielleicht überhaupt etwas.

Entscheidend wäre ja, das Terroir im Geschmack zur Geltung zu bringen.

Das gibt es schon. Aber es gibt auch zwei unterschiedliche Strategien im High-End-Bereich des Weins. Die eine ist, auf die Lage zu setzen, das andere einen Konzeptwein zu erzeugen, bei dem ich weniger auf einen bestimmten Boden, sondern auf eine bestimmte Rebsorte oder Cuvée, also den Stil des Weins setze. Ein sehr guter Wein muss nicht unbedingt ein Lagen-Wein sein.

Die Weinverkostung kann nur in Verbindung mit einer Eintrittskarte zum Jubiläums-Salon besucht werden. Plätze sind begrenzt und kosten 15 Euro extra: Tickets gibt es hier.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.