Elon Musks Twitter-Reformen: Für eine Handvoll Dollar

Musk führt ein Abo-Modell auf Twitter ein. Use­r*in­nen können sich bald einen blauen Haken kaufen, doch das könnte zum Problem werden.

Ein riesiges Twitter-Symbol, ein blauer Vogel, befestigt an einer Hauswand.

Bald schon sollen Nut­ze­r*in­nen für den blauen Haken auf ihrem Twitter-Profil bezahlen Foto: Eric Risberg/AP

Twitter startet nun tatsächlich sein umstrittenes Abo-Modell. Seit Samstag ist ein Update für das Betriebssystem von Apple erhältlich, das in den USA, Kanada, Australien, Neuseeland und im Vereinigten Königreich „Twitter Blue“ ermöglichen soll: Für monatlich etwa 8 Euro bekommen Use­r*in­nen dann weniger Werbung angezeigt und können längere Videos posten. Außerdem sollen die Inhalte, die sie teilen, von den Algorithmen priorisiert werden – und sie bekommen einen blauen Haken. In der Beschreibung des Updates im App-Store verkündet Twitter, es gehe dabei „um den Kampf gegen Bots“.

Der blaue Haken war bisher eine optische Auszeichnung von User*innen, deren Identität zweifelsfrei geklärt ist. Er blieb Unternehmen und Menschen mit einer großen Zahl an Fol­lo­wer*­in­nen und Prominenz vorbehalten, die etwa in Politik, Sport oder der Unterhaltungsbranche tätig sind. Dadurch vermittelte der Haken eine gewisse Glaubwürdigkeit.

Dass diese Verifizierung nun en masse gegen Bezahlung stattfinden soll, lässt befürchten, dass Echtheitskontrollen von nun an nicht mehr so genau durchgeführt werden wie bisher. Im Kampf gegen Bots dürfte das kaum helfen. Hinzu kommt, dass die von nun an verifizierten Accounts von der Glaubwürdigkeit des bisherigen blauen Hakens profitieren dürften und ihre Inhalte eben durch das Abo zusätzlich präferiert werden. Sollte es im Zuge der Verifizierungen zu Betrug kommen, so wird der Schaden durch die erhöhte Glaubwürdigkeit umso größer.

Einfluss auf die Midterm-Wahlen in den USA?

Diese Änderung kann nun ausgerechnet zu den anstehenden Midterm-Wahlen in den USA großen Einfluss nehmen. Zu US-Wahlen waren Social-Media-Plattformen in der Vergangenheit besonders anfällig für Desinformation.

Zudem dürfte die Überprüfung von Inhalten, die gegen geltende Gesetze verstoßen, ab jetzt schwieriger für Twitter werden. Denn das Unternehmen hat am Freitag etwa die Hälfte seiner 7.500 Angestellten entlassen. Darunter fallen neben unterschiedlichen Entwicklungsteams wohl auch Mo­de­ra­to­r*in­nen. Bei Use­r*in­nen und Ex­per­t*in­nen wächst nun die Angst vor mehr Hetze und Verschwörungserzählungen auf der Plattform. Der UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk hatte Musk bereits aufgefordert, die Menschenrechte auf Twitter zu respektieren. Denn auch das Menschenrechts-Team des Unternehmens wurde entlassen. Türk bezeichnete dies als keinen „ermutigenden Start“.

Seit seiner Twitter-Übernahme für 44 Milliarden US-Dollar versucht Musk, die Kosten des Unternehmens zu reduzieren und die Einnahmen zu erhöhen, denn für den Kauf musste er immense Kredite aufnehmen. Dass seine Rechnung jedoch bisher nicht aufgeht, hätte ihm bereits vorher klar sein können. Wie Musk den Kauf Twitters und den nun tiefgreifenden Umbau des Unternehmens dennoch vorantreibt, hat viele Be­ob­ach­te­r*in­nen überrascht.

Eine Vermutung ist, dass dies auch an Musks eigener politischer Haltung liegt. So gilt er als Unterstützer Donald Trumps und hatte in der Vergangenheit bereits selbst Verschwörungserzählungen verbreitet. Die Infrastruktur von Twitter sowie dessen Moderation zu schwächen, stärkt vor allem konservative bis rechte Diskurse auf der Plattform. Musk muss wissen, dass er damit ein Ungleichgewicht auf Twitter erzeugt und verbale Gewalt nährt.

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