Energiewende beim Camping: Ich brauch die mobile Wärmepumpe

Ein Glück, wenn der Gasmangel nur den Campingurlaub und nicht das ganze Land trifft. Wo ist die FDP, wenn man Technologieoffenheit mal wirklich braucht?

Auf einem mit Gas betriebener Campingkocher steht eine Pfanne

Diesmal leider kalt: Gasmangel auch beim Camping Foto: Arnulf Hettrich/imago

An diesem Sonntagabend im strömenden Regen fühle ich mich plötzlich wie Robert Habeck vor einem Jahr. Ich stehe in einem fränkischen Wald, das Zelt ist aufgebaut, alles ist kalt und klamm, und jetzt soll es endlich Nudeln geben. Aber der Brenner gibt statt eines lebhaften Fauchens nur ein dünnes Säuseln von sich. Das Gas ist alle. Verdammt.

So geht es, wenn man auf die fossile Technik vertraut. Kein warmes Essen. Heizen nur noch per Daunenschlafsack. Licht nur noch vom E-Reader. Und dabei muss ich nicht einmal Tausende von Firmen und Millionen von Jobs retten, die ihr Geschäftsmodell auf billiges Gas aufgebaut haben. Sondern nur den Luxus einer unluxuriösen Wandertour auf dem Grünen Band, dem ehemaligen deutsch-deutschen Grenzstreifen.

Erster Schritt: radikales Energiesparen. Nudeln werden irgendwann auch weich, wenn man sie auf ganz kleiner Flamme köchelt. Der Tee zum Aufwärmen am Morgen fällt weg. Am nächsten Tag stoppe ich ein fossil betriebenes Fahrzeug, um zu einem Gaslieferanten zu kommen. Nicht Katar, sondern Bad Königshofen im Grabfeld. Ich muss keinen Diener vor dem Emir machen, bekomme aber dafür auch kein Gas: Nö, die nötigen Kartuschen gibt’s hier nicht.

Also: Gasmangellage mit leeren Händen und kalter Küche. Immerhin hat mir kein Kriegsverbrecher den Gashahn abgedreht. Immerhin muss ich nicht ein ganzes Bundesministerium von Klimaschutz auf Gaseinkauf umstellen. Immerhin muss ich nicht alle meine Pläne für den klimaneutralen Umbau der viertgrößten Volkswirtschaft auf schnell schmelzendes Eis legen und mich zähneknirschend für neues Gas, alte Kohle und uralte Atomkraft in die Bresche werfen.

Aber ich habe auch nicht ein Ministerium, das alle Horrorszenarien von erfrierenden Omas, Volksaufständen, Blackout der Stromversorgung und einem Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft abwendet. Nein, ich stehe ganz allein mit meinem Rucksack auf dem Grenzstreifen. Kein Schwein interessiert sich für meine fossile Krise.

Und das ist auch gut so. Denn anders als Habeck bin ich an meiner Zwangslage ganz allein schuld. Ich war einfach zu blöd, eine Ersatzkartusche einzupacken. Anders als Habeck kann ich nicht auf eine ignorante Vorgängerregierung verweisen. Niemand hat mich von diesem Gas abhängig gemacht. Dafür muss ich mir aber von der CDU-Opposition und meinen Koalitionspartnern, die den Karren in den Dreck gefahren haben, auch nicht dauernd anhören, dass ich alles falsch ­mache.

Da hilft nur: Den Bauchgurt enger schnallen, 20 Prozent Einsparung wie bei Habeck reichen nicht. Und schwören: Beim nächsten Mal packe ich eine mobile Wärmepumpe ein. Wenn es die bis dahin gibt. Die FDP schafft das sicher mit ihrer Technologieoffenheit.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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