Gewalt in Nahost: Terror- und Siedlermainstreaming

Sowohl der israelische als auch der palästinensische Diskurs haben sich radikalisiert. Die Aussichten auf Beruhigung der Lage sind derzeit düster.

Eine Frau un ein Kind schauen aus einem Fenster

Zerbrochene Fenster in der Ortschaft al-Laban al-Sharkiyeh, Westjordanland Foto: Majdi Mohammed/ap

Und wieder eskaliert die Gewalt in Nahost. Getötete militante Palästinenser, Anschläge auf Israelis, Siedlergewalt. Wirklich neu ist nur, dass Israel jetzt auch mit Luftangriffen im Westjordanland agiert.

Der Eskalation liegen zwei Kernursachen zugrunde: Im palästinensischen Diskurs wird nicht unterschieden zwischen legitimem Widerstand gegen das immer weiter voranschreitende Vordringen Israels ins Westjordanland und Terror gegen Zi­vi­lis­t*in­nen. Zwar ist richtig, dass zwischen Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen und Israelis ein Mächte-Ungleichgewicht herrscht, die Verharmlosung von Terror rechtfertigt das aber nicht. Dass Medien wie al-Dschasira gewillt das Narrativ des heldenhaften bewaffneten Widerstands verbreiten, der in Wahrheit Terror ist, hilft nicht.

Zugleich ist auch die Siedlergewalt eine Form von Terror. Erneut griffen Radikale Autos, Wohnungen und Geschäfte von Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen an. Schutz bieten diesen allein: israelische Sicherheitskräfte. Dennoch brannte es wieder lichterloh im Westjordanland. Die Warnungen, dass sich radikale Siedler durch Israels rechte Regierung ermutigt fühlen, werden Realität.

„Unser Land“

Auch hier ist eine Form von Mainstreaming das Problem. Standpunkte der Sied­le­r*in­nen sind normal geworden. Die beanspruchen das Westjordanland für Israel. Wie sonst ist die kaum hinterfragte Politik zu erklären, dass die Regierung auf Anschläge wie nach dem Angriff vom Dienstag mit dem Bau weiterer Siedlungen reagiert? „Unsere Antwort auf Terror ist, unser Land aufzubauen“, so Netanjahu. Äußerungen wie „unser Land“ in Bezug aufs Westjordanland sind kaum noch der Rede wert, so normal ist Israels Anspruch auf das Palästinensergebiet geworden.

Mit dem Siedlermainstreaming geht die Negierung jeglichen Anspruchs auf eigenes Territorium, ja die Negierung der Existenz von Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen einher. Bevor nicht der Konsens wiederhergestellt ist, dass auch sie ein Recht auf Land haben, und solange im palästinensischen Diskurs nicht wieder Stimmen die Oberhand gewinnen, die Terror ablehnen, sind die Aussichten auf eine nachhaltige Beruhigung der Lage düster.

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ist Redakteur für Nahost & Nordafrika (MENA). Davor: Online-CVD bei taz.de, Volontariat bei der taz und an der Evangelischen Journalistenschule Berlin, Studium der Islam- und Politikwissenschaft in Berlin und Jidda (Saudi-Arabien), Arabisch in Kairo und Damaskus. Er twittert unter twitter.com/jannishagmann

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