Corona-Impfstoff in der EU: Streit über Pfizer-Stornogebühr

Für Corona-Impfdosen, die nicht mehr gebraucht werden, hat sich die EU auf Milliardenzahlungen eingelassen. Doch nicht alle Staaten wollen zahlen.

Unzählige leere Ampullen

Leere Ampullen des Corona-Impfstoffes von Biontech und Pfizer in einem Impfzentrum Foto: Florian Gärtner/photothek/imago

BRÜSSEL taz | Für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist der Umgang mit der Coronapandemie eine europäische Erfolgsgeschichte. Die Europäische Union (EU) habe sogar auf dem Höhepunkt der Krise noch Impfstoff exportiert, sagte von der Leyen am Dienstag beim WDR-Europaforum in Berlin. In Europa und der Welt sei dadurch „sehr viel Vertrauen gewachsen“.

Doch in Brüssel herrscht Streit. Bereits seit 2021 fordert das Europaparlament die Offenlegung der Impfstoffverträge, die von der Leyen mit dem US-Pharmakonzern Pfizer ausgehandelt hat. Nun wurden diese Verträge überarbeitet, weil ein Großteil der bestellten Impfstoffe nicht mehr gebraucht wird. Das sorgt für neuen Ärger.

In den (wiederum geheimen) Nachverhandlungen mit Pfizer und dem deutschen Unternehmen BioNTech, die Ende Mai abgeschlossen wurden, hat sich die EU-Kommission auf Nachzahlungen eingelassen, die in die Milliarden gehen könnten. Allein für Deutschland fielen „mehrere Hundert Millionen Euro“ an, berichtete die Süddeutsche Zeitung.

Diese angesichts knapper Kassen extrem hohe „Stornogebühr“ wollen jedoch nicht alle EU-Staaten zahlen. Vor allem Polen leistet lautstark Widerstand. Gesundheitsminister Adam Niedzielski nannte die Forderung Pfizers „empörend“. Sein Land werde die Vereinbarung der EU-Kommission nicht mittragen, erklärte er.

Dem Minister zufolge teilen mehrere Mitgliedsländer, darunter Ungarn und Rumänien, die Kritik an dem neuen Pfizer-Deal. Die EU-Kommission wollte dies auf Nachfrage der taz nicht kommentieren. Alle EU-Staaten hätten das Recht, aus der gemeinsamen Beschaffung auszusteigen, erklärte ein Sprecher. Sie seien dann aber weiter an die ursprünglichen Verträge mit Pfizer gebunden.

Pfizer legt EU-Parlament Fragebogen vor

Wie der Streit ausgeht, ist unklar. Ärger gibt es nicht nur unter den 27 EU-Staaten, sondern auch mit dem Europaparlament. Die Abgeordneten sind bei den jüngsten Gesprächen mit Pfizer übergangen worden – wie bei allen Beschaffungsverträgen während der Coronakrise. Sie erhalten 2021 nicht einmal Einsicht in die Verträge, auf denen die neue „Stornogebühr“ beruht.

Die grüne Gesundheitspolitikerin Tilly Metz aus Luxemburg will sich damit nicht abfinden. Es sei „schwer nachvollziehbar, dass eine private Firma, die finanziell massiv von der Pandemie profitiert hat und öffentliche Gelder zur Entwicklung eines Impfstoffes bekommen hat, sich weigern kann, die mit der EU abgeschlossenen Verträge mit EU-Abgeordneten zu teilen“, erklärte sie.

Pfizer verweigert jedoch nicht nur die Auskunft. Der US-Konzern hat den Parlamentariern auch noch einen Fragebogen vorgelegt, mit dem sie ihre Neugier begründen sollen. Diese Vorgehensweise sei „nicht hinnehmbar“, so Metz. Das Parlament werde daher auch nicht auf die „dreisten Fragen“ eingehen, sondern weiter Aufklärung fordern – auch von Kommissionschefin von der Leyen.

Doch die deutsche Politikerin schweigt. Die Coronakrise will sie als Erfolg verbuchen – um sich auf eine mögliche zweite Amtszeit vorzubereiten. Die Entscheidung werde im Herbst fallen, erklärte sie im WDR. In Brüssel zweifelt kaum jemand daran, dass von der Leyen erneut antritt. Die teure Pfizer-Affäre muss bis dahin vergessen sein.

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