Rechte Verkehrspolitik in Spanien: Kommunen wollen Radwege abbauen

In Spanien machen sich die neuen rechts-konservativen Bündnisse in den Regionen daran, Wege für Fahrräder zu entfernen. Das könnte teuer werden.

Ein blauer Fahrradweg führt an Moped-Parkplätzen und einer Autostraße vorbei

Radweg in Madrid: Sobald die Rechten an die Macht kommen, werden Radwege abgebaut Foto: Mario Aurich/imago

MADRID taz | Radfahren ist eine hoch ideologische Frage – zumindest für die spanische Rechte und Ul­trarechte. Im südeuropäischen Land werden seit den Kommunalwahlen am vergangenen 28. Mai über 100 Gemeinden von einer Koalition aus der konservativen Partido Popular (PP) und der rechtsextremen VOX regiert, darunter 30 Provinzhauptstädte. Überall haben sie eine Koalitionsvereinbarung geschlossen. In mehrere Gemeinden ist einer der Hauptpunkte der innerstädtische Verkehr, und dort das Fahrrad. So etwa in Elche, Valladolid, Palma de Mallorca und Gijón. In diesen Kommunen sollen Radwege abgebaut und Umweltzonen eliminiert werden.

Die Pläne ziehen bei einem Großteil der rechten Wählerschaft. Für viele schwingen sich nur Ökos und Podemitas (Anhänger der linksalternativen Partei Podemos) aufs Rad, um etwa zur Arbeit zu kommen und behindern damit den Fluss innerstädtischen Autoverkehrs.

Wenn überhaupt rühren Rechte den Lenker ihres Fahrrades dann an, wenn die größte Kaufhauskette Spaniens zum Tag des Fahrrads ruft. Selbst die Mittelklasse fährt nicht per Pedal zur Arbeit. Sie schnallen das Fahrrad in Form eines Mountainbikes am Wochenende auf ihr SUV und machen die Berge unsicher. Die größten Fans des Drahtesels fahren Rennrad – ausdauernd trainieren sie. Aber auch für sie bleibt das Rad ein Sportgerät, das im Alltag nur wenig Platz hat.

„Radwege sind weder links noch rechts, sondern eine gesamtgesellschaftlich, transversale Infrastruktur“, mahnt der Professor für Soziologie an der Universität Córdoba, David Moscoso, gegenüber der Tageszeitung El País. „VOX ist gegen die Radwege, um ihre Position zum Klimawandel zu stärken und zu versuchen, Stimmen von wütenden Bürgern zu gewinnen, die die Idee haben, dass es die Freiheit geben muss, zu fahren, wohin sie wollen und wann sie wollen“, fügt er hinzu.

Abbau der Radwege

Die ultrarechte Partei VOX leugnet den Klimawandel. Auch in der konservativen PP stoßen sie damit bei vielen auf Zustimmung. Kaum ein PP-Kommunalpolitiker hat deshalb Probleme mit Koalitionsvereinbarungen gegen Radwege und Umweltzonen. In der Hauptstadt Madrid, wo die PP im Alleingang regiert, wurden ebenfalls ein Teil der Einfahrbeschränkungen, die die aktuelle Stadtverwaltung vor etwas mehr als vier Jahren von der linksalternativen Vorgängerregierung erbte, zurückgenommen.

Für die größten Schlagzeilen sorgt der Abbau eines Radwegenetzes in Elche, eine Stadt in der Region Valencia. Das 370.000 Euro teure Projekt wurde im vergangenen Herbst mit einem Umweltpreis des Verbandes der Gemeinden Spaniens als vorbildliche Umweltmaßnahme ausgezeichnet. Jetzt sollen dort, wo die Räder fahren, wieder Autos rollen. Außerdem sollen 1.490 neue innerstädtische Parkplätze entstehen. 300 Menschen beteiligten sich an einer Fahrraddemo gegen diese Maßnahmen Ende Juni. Elche hat 230.000 Einwohner.

Die Politik gegen Umweltzonen und Radwege kann den Gemeinden teuer zu stehen kommen. Denn die meisten Projekte erhielten Zuschüsse aus den Corona-Aufbaufonds der Europäischen Union. Die spanische Zentralregierung genehmigte die Gelder ausdrücklich mit der Auflage, dass die Projekte – wie Radwege – mindestens fünf Jahre lang beibehalten werden müssen. Bei den Umweltzonen könnte es noch teurer werden. Denn Spanien wurde bereits mehrmals aus Brüssel wegen der schlechten Luftqualität angemahnt. Millionen schwere Bußgelder drohen, sollte sich das nicht ändern.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.