Klimaklage in den USA: Gericht ruft Montana zur Räson

Jugendliche verlangten vom US-Bundesstaat, die CO2-Emissionen zu senken – und bekamen erst mal recht. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

Jugendliche Kläger gehen zum Gericht

Die jugendlichen Kläger in Montana Foto: Thom Bridge/Independent Record/ap

BERLIN taz | Eine Gruppe junger Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen hat einen juristischen Erfolg gegen die Behörden des US-Bundesstaats Montana erzielt: Dass diese bei der Genehmigung von Öl- und Gasprojekten nicht die Folgen der Treibhausgase berücksichtigen dürften, stünde dem verfassungsmäßigen Recht der Klä­ge­r:in­nen auf eine saubere und gesunde Umwelt entgegen, befand die Bezirksrichterin Kathy Seeley am Montag. Geklagt hatten 16 junge Menschen zwischen 5 und 22 Jahren.

Die beteiligten Ju­ris­t:in­nen zeigen sich zufrieden. Anwalt Roger Sullivan sprach von einem „historischen Beschluss“. Die Gerichtsentscheidung etabliere durchsetzbare Prinzipien intergenerationaler Gerechtigkeit, sagte er. „Einfach gesagt muss die Regierung, die von dieser Generation gewählt wurde, ihre Pflicht erfüllen, auch künftigen Generationen ein stabiles Klima zu übergeben.“

Anwältin Barbara Chillcott hofft zudem darauf, dass der Beschluss Präzedenzwirkung auf Klima-Klagen in anderen US-Bundesstaaten haben könnte. „Es freut mich unglaublich, dass ein Gericht in Montana anerkennt, welche schädigenden Folgen die Energiepolitik des Bundesstaats für junge Leute und auch alle anderen Menschen aus Montana hat“, sagte sie.

Wie der Beschluss praktisch umgesetzt wird, entscheidet nun aber das Parlament von Montana. Der Bundesstaat wird traditionell deutlich von den konservativen Republikanern dominiert. Laut Generalstaatsanwaltschaft ist gibt es zudem schon Pläne, Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Bezirksgerichts einzulegen. Das letzte Wort ist also wohl noch nicht gesprochen.

Juristisches Neuland für die USA

Für die USA war es der erste Gerichtsprozess dieser Art. In anderen Ländern gab es schon ähnliche Fälle – etwa den berühmten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in Deutschland. Auch hier klagten junge Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen und argumentierten, die Klimapolitik der Bundesregierung werde sie künftig zu stark in ihren Rechten einschränken. Überraschend folgte Deutschlands oberstes Gericht ihnen im April 2021.

Das deutsche Klimaschutzgesetz von 2019 sei in Teilen nicht mit den Grundrechten vereinbar, hieß es in dem Beschluss. „Die Vorschriften verschieben hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030“, teilte das Gericht in Karlsruhe mit.

Schon kurze Zeit später reformierte die Bundesregierung, damals noch die Große Koalition, das Klimaschutzgesetz. Klimaneutral soll die Bundesrepublik dann schon 2045 werden statt erst fünf Jahre später. Das Zwischenziel für 2030 wurde zudem deutlich erhöht: Gegenüber 1990 sollen die Treibhausgasemissionen seither um 65 Prozent sinken, nicht nur um 55 Prozent. Außerdem legte die Regierung mit der Reform auch Zwischenziele für die Zeit nach 2030 fest.

Eine neue Verfassungsklage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen das Klimaschutzgesetz lehnte das Bundesverfassungsgericht allerdings im vergangenen Jahr ab – und zwar ohne jegliche juristische Begründung. Die Klage stützte sich auf den damals neuen Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC.

Darin betonten Klimawissenschaftler:innen, dass sich der Klimawandel „schneller und folgenschwerer“ vollziehe als bislang angenommen. Die neun jungen Klä­ge­r:in­nen wenden sich nun stattdessen an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.

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