Geplante Fabrik in Dresden: Zehn Milliarden Euro für Chips

Der taiwanische Konzern TSMC will eine neue Elektronikfabrik in Sachsen bauen. Die Grünen sind erfreut, die CDU kritisiert die hohen Subventionen.

Logo der Chipfabrik tsmc hängt rot an einem Gebäude, eine Kugel mit ausgesparten schawrzen Flächen

Logo von TSMC: Der Konzern könnte in Dresden unter anderem Chips für Elektroautos produzieren Foto: David Chang/EPA/dpa

BERLIN taz | Eine weitere industrielle Großinvestition in Deutschland wurde am Dienstag bekanntgegeben. Über 10 Milliarden Euro sollen in eine neue Chipfabrik in Dresden fließen, beschloss der Vorstand des taiwanischen Halbleiterherstellers TSMC. Die Neuigkeit kommt zu einer Zeit, da unter anderem CDU-Chef Friedrich Merz der Bundesregierung eine „Deindustrialisierung“ vorwirft.

Der Baubeginn in Dresden soll nächstes Jahr stattfinden. Ab 2027 werden etwa 2.000 zusätzliche Beschäftigte gebraucht. TSMC will 70 Prozent der Anteile an dem Kooperationsprojekt halten, die Unternehmen Bosch, Infineon und die niederländische Firma NXP steigen mit je 10 Prozent ein. Allerdings wird die Ansiedlung ihren Preis haben: Etwa 5 Milliarden Euro sollen aus öffentlichen Mitteln kommen – wobei das Bundeswirtschaftsministerium diese Zahl am Dienstag nicht bestätigte.

TSMC ist der größte Auftragsfertiger für Computerchips weltweit. Das Unternehmen produziert bisher in Taiwan und China. Neuerdings sind Werke aber auch in den USA, Japan und jetzt in Deutschland geplant. Am Ende hängt die Investition noch von der Entscheidung der Europäischen Kommission ab, die öffentliche Subventionen für private Vorhaben genehmigen muss.

Da der Beschluss zur Ansiedlung in Sachsen aber „unter dem EU Chip-Gesetz“ stattfände, wie TSMC mitteilte, kann man von der Zustimmung der Kommission ausgehen. Es handelt sich um Geopolitik. Die europäischen Staaten haben beschlossen, künftig mehr wichtige Industrieprodukte auf dem eigenen Kontinent herstellen zu lassen.

Europa will gerüstet sein, sollte China Taiwan angreifen

Das ist einerseits eine Reaktion auf die Coronakrise, als zeitweise Lieferungen unter anderem aus China unterbrochen waren und hiesige Firmen ihre Produktion reduzieren mussten. Andererseits geht es darum, die Fertigung strategisch wichtiger Produkte aus Sicherheitsgründen in Europa anzusiedeln. Denn sollte die chinesische Regierung eines Tages das unabhängige Taiwan erpressen oder angreifen, könnten die Exporte aus Asien wieder ausfallen. Für diesen Fall sollen Europa und seine Unternehmen gerüstet sein.

Dass TSMC seine Chips nun bald „in der Nähe der hiesigen Automobilwerke“ fertigen wolle, „kann im Falle gestörter Lieferketten oder internationaler Krisen ein Vorteil sein“, sagte Klaus-Heiner Röhl vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Nach seiner Einschätzung „will TSMC in Dresden wohl Steuerungschips für Fahrzeuge, unter anderem E-Autos, herstellen, die viele verschiedene Funktionen bündeln können“.

Die hiesigen Autohersteller wie VW, BMW und Daimler benötigen große Mengen solcher Bauteile. Bisher beliefert das taiwanische Unternehmen unter anderem Elektronikkonzerne wie Apple und Nvidia, weil es die Fertigungsprozesse für besonders miniaturisierte und sparsame Chips beherrscht.

Habeck frohlockt, Klöckner ist skeptisch

Laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) beweist die Ansiedlung: „Deutschland ist ein attraktiver und wettbewerbsfähiger Standort, gerade auch bei Schlüsseltechnologien wie der Mikroelektronik.“

CDU-Wirtschaftspolitikerin Julia Klöckner hält das Gegenteil für richtig: Die nötigen Milliardensubventionen zeigten, dass Deutschland für ausländische Unternehmen „nicht mehr attraktiv“ sei – sonst kämen sie ohne zusätzliches öffentliches Geld hierher. Die Opposition ist der Ansicht, dass die hiesige Industrie in eine Krise rutsche, weil die Bundesregierung die falsche Politik betreibe. Darauf deute die augenblickliche Stagnation der hiesigen Wirtschaftsleistung hin.

Wettlauf um Investitionen

Allerdings liefern sich die konkurrierenden Wirtschaftsblöcke China, USA und Europa mittlerweile einen Subventionswettlauf um Industrieinvestitionen. Machen Deutschland und andere EU-Staaten nicht mit, werden die Fabriken woanders gebaut. So könnte der US-Konzern Intel 10 Milliarden Euro aus öffentlichen Kassen erhalten, damit ein neues Werk bei Magdeburg entsteht. Auch bei den geplanten Investitionen des schwedischen Batterieherstellers Northvolt in Schleswig-Holstein und des US-Unternehmens Wolfspeed geht es um eine öffentliche Mitfinanzierung.

Infineon, eine frühere Abspaltung von Siemens, bekommt schon einige Hundert Millionen Euro für seine zusätzliche Produktionsstätte in Dresden, beansprucht aber noch etwas mehr. Auch im Falle TSMC sieht IW-Experte Röhl „das Risiko, dass das Unternehmen später weitere öffentliche Mittel haben möchte“.

Die 5 Milliarden Euro für TSMC werden wohl aus dem Klima- und Transformationsfonds der Bundesregierung fließen. Das ist ein zum Teil schuldenfinanzierter Sonderhaushalt neben dem normalen Bundesbudget. In diesem Jahr fließen daraus etwa 35 Milliarden Euro für Klimaschutz, Energiewende und entsprechende Förderprogramme. Die geplanten Ausgaben betragen bislang etwa 177 Milliarden bis 2026 – auch gespeist aus den Einnahmen des Emissionshandels. Aufwendungen für Subventionen zugunsten von Chipfabriken wie Intel und TSMC waren früher nicht vorgesehen. Möglicherweise gerät der Fonds mit den Jahren deshalb in Finanzierungsschwierigkeiten.

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