Wagenknechts Pläne für eigene Partei: Überfällig, aber aussichtslos

Dass eine Wagenknecht-Partei der AfD Stimmen rauben wird, ist ein Irrglaube. Schaden wird ihr Abgang der Linkspartei. Das ist eine Tragödie.

Sahra Wagenknecht in weißem Sakko steht an einem rednerpult und gestikuliert

Sag endlich Tschüss, Sahra! Foto: Michael Kappeler/dpa

Dass Sahra Wagenknecht ihre eigene Partei gründet, ist überfällig. Seit Monaten kündigt sie den Schritt an, und viele ihrer Noch-Parteikolleg:innen warten sehnsüchtig darauf, dass sie endlich von Bord geht. Zu lange hat sie sich auf Kosten der Linkspartei profiliert und mit Alleingängen gequält.

Fraglich ist nur, ob Wagenknechts Rechnung aufgeht. Warum sollte ihr jetzt gelingen, was ihr mit ihrer „Aufstehen“-Bewegung vor fünf Jahren nicht geglückt ist?

Damals wollte Wagenknecht nach dem Vorbild von „La France insoumise“ („Unbeugsames Frankreich“) des französischen Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon eine linksnationalistische Bewegung aus dem Boden stampfen. Trotz prominenter Un­ter­stüt­ze­r:in­nen und großer Medienaufmerksamkeit fiel das Projekt aber bald kläglich in sich zusammen.

Diese Niederlage hat Wagenknecht nicht zu denken gegeben. Sie umgibt sich nur noch mit Leuten, die sie in ihren Überzeugungen bestätigen, ihr Talkshow-Ruhm hat zu Selbstüberschätzung geführt.

Deutschland braucht eine starke Linkspartei

Wagenknecht möchte insbesondere AfD-Wählern eine neue politische Heimat bieten, erklärt sie immer wieder. Denn viele wählten die rechtsextreme Partei nur „aus Verzweiflung“. Wagenknecht will ihnen mit einem linksnationalistischen Kurs entgegenkommen. Aber stimmt ihre Analyse? Zweifel daran sind angebracht. Viel spricht dafür, dass die meisten die AfD genau für das wählen, was sie ist: rechtsextrem. Das ökonomische Programm ist für viele dagegen bestenfalls zweitrangig. Wagenknechts Alternative zur AfD droht deshalb eine Totgeburt werden.

Schaden wird der Abgang von Wagenknecht vor allem der Linkspartei, deren mediales Zugpferd sie lange war. Die linke Fraktion im Bundestag wird sich spalten, ihre Wählerschaft dürfte weiter schrumpfen. Das ist eine Tragödie. Denn Deutschland bräuchte weiterhin eine starke Partei, die unverdrossen die soziale Frage stellt und SPD und Grüne von links kritisiert.

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Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt über Innen- und Außenpolitik in Deutschland, über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

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