Warnung in Schweizer Studie: Gletscher schmelzen immer schneller

Das Eisvolumen in den Schweizer Alpen ist in nur zwei Jahren um mehr als 10 Prozent geschrumpft. Gletscherforschende sind besorgt.

Das Eis des Gletschers schmilz, Wassertropfen fallen, im Hintergrund ein Bergpanorama, die Sonne scheint

Das Eis des Vadret dal Murtèl schmilzt auf einer Höhe von 3.100 Meter am Fuße des Piz Bernina rapide Foto: M. Huss/dpa

ZÜRICH taz | Die Gletscher in den Schweizer Alpen schmelzen immer schneller. Durch extreme Hitze sind sie innerhalb von nur zwei Jahren so stark wie im Zeitraum zwischen 1960 und 1990 geschrumpft. Nach einer Rekordschmelze von etwa 6 Prozent im Jahr 2022 habe das Volumen der Gletscher in diesem Jahr um weitere 4 Prozent abgenommen, teilte die Schweizerische Kommission für Kryosphärenbeobachtung (SKK) am Donnerstag mit.

2022 sei das schlimmste Jahr für die Schweizer Gletscher seit Aufzeichnungsbeginn gewesen, so die SKK. Zwar sei der Sommer von 2003 bislang der wärmste gewesen, im Winter habe es jedoch viel geschneit, „sodass die gesamte Schmelze geringer war“, erklärt der Züricher Gletscherforscher Matthias Huss der taz. Für 2023 werde der drittwärmste Sommer und der zweitstärkste Rückgang seit Messbeginn verzeichnet. Es gab zwar vereinzelt Schneefälle im Sommer, diese schmolzen jedoch laut SKK meist wieder rasch.

Durch die beiden Extremjahre in Folge kam es zum Zerfall einzelner Gletscherzungen, viele kleine Gletscher verschwanden komplett. Einige Messungen mussten bereits eingestellt werden, da Gletscher zu klein und durch freigelegtes Geröll zu gefährlich wurden. „Lokal bedeutet das einen Anstieg von Steinschlag, Fluten, also Naturgefahren“, sagt Huss.

Das könne etwa ein Problem für Wanderer, Berg­stei­ge­r:in­nen und Siedlungen sein. Regional hätten die Gletscher vor allem einen Einfluss auf die Wasserverfügbarkeit in trockenen, heißen Jahren. „Solange sie da sind, können sie durch Schmelze Wasser genau dann beitragen, wenn es benötigt wird“, so der Experte. Doch diese Rolle ginge bald verloren, betont Huss. Global seien Gletscher stattdessen mitverantwortlich für den Anstieg des Meeresspiegels.

Bedrohung durch den Klimawandel

„Da sind die Schweizer Gletscher fast unbedeutend, aber in Kombination mit allem Eis der Erde dennoch von Bedeutung“, warnt Huss. Auch der Weltklimarat (IPCC) nannte in seinem im Februar 2022 veröffentlichten Sachstandsbericht das weltweite Abschmelzen von Eis und Schnee als eine der zehn größten Bedrohungen durch den Klimawandel.

„Wenn wir das Pariser Abkommen einhalten und sich die Temperaturen nach 2050 stabilisieren, dürfte etwa ein Drittel des Schweizer Gletschereises erhalten bleiben“, schrieb Huss bereits im Jahresbericht 2022 der Akademien der Wissenschaften Schweiz.

Bei ungebremster Erwärmung würden niedrig gelegene Gletscher wie in den Alpen bis zum Ende dieses Jahrhunderts rund 80 Prozent ihrer Masse einbüßen, prognostizierte der IPCC 2019 in einem Sonderbericht über die Ozeane und die weltweiten Eis- und Schneevorkommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.