Vor dem Menschenrechtsrat: Deutschland auf dem Prüfstand

Rassismus, Antisemitismus und Geschlechtergerechtigkeit – es gibt Probleme. Vor dem UN-Menschenrechtsrat musste sich die Bundesregierung erklären.

Eine Person mit palestinensischer Fahne wird von Polizisten abgeführt

Unangemeldete Kundgebung „Free Palestine“ auf der Sonnenallee in Berlin-Neukölln Foto: Christian Jungeblodt

BERLIN taz | Wie blickt die Welt auf Deutschland? Im UN-Menschenrechtsrat kann man sehen, wie die Einhaltung der Menschenrechte von anderen Ländern wahrgenommen wird. In Genf vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen saß Deutschland zum vierten Mal auf dem heißen Stuhl im Zuge des periodischen Länderüberprüfungsverfahrens.

Alle viereinhalb Jahre müssen die Länder der Vereinten Nationen Rede und Antwort zur Lage der Menschenrechte in ihrem Land geben. Im Eingangsstatement leitete Luise Amtsberg, die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik, ein: „Als deutsche Delegation können wir nicht über Menschenrechte sprechen, ohne an den 9. November 1938 zu erinnern, an dem in Deutschland massive gewalttätige Übergriffe auf die jüdische Bevölkerung verübt wurden.“

In ihrem Bericht erklärte sie, dass Deutschland zwar Fortschritte im Vergleich zum letzten Bericht 2018 vermelden könne. Dennoch räumte die Bundesregierung Probleme ein. Diese sahen auch andere Länder. In großer Beteiligung stellten zahlreiche Staaten am Donnerstag Deutschland Fragen zu Versammlungsfreiheit, Rassismus und Rechte von Asylsuchenden und gaben Verbesserungsvorschläge.

In der Anhörung „wird deutlich, dass Rassismus als großes Problem wahrgenommen wird“, sagte Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Gerade Racial Profiling sei ein Thema. Zahlreiche Länder prangerten das Problem an. Die Bundesregierung zeigte sich dazu kritisch und nannte Maßnahmen, die sie bereits gegen Racial Profiling plant. Es sei jedoch wichtig, institutionellen Rassismus richtig anzugehen, sagt Beate Rudolf. Ebenso wurden Antisemitismus und Antiziganismus von Deutschland und anderen UN-Staaten als Problem benannt.

Handlungsbedarf im Bereich Antidiskriminierung

Wie zu erwarten, spielte die aktuelle weltpolitische Lage bei der Anhörung ebenfalls eine Rolle. Muslimisch geprägte Staaten bemängelten am Donnerstag in Genf etwa die teilweise Einschränkung von propalästinensischen Demonstrationen in Deutschland. Ver­tre­te­r*in­nen Katars, Libyens, Ägyptens und anderer Länder erklärten in ihren Wortmeldungen, dass damit das Recht auf Versammlungsfreiheit eingeschränkt werde.

Als weiteres Thema ging es auch um die Situation von Geflüchteten und Einschränkungen von Asylbewerberleistungen. Franziska Vilmar von Amnesty International sagte, statt darüber zu reden, wie Menschen abgeschoben oder von Deutschland ferngehalten werden können, solle mehr für die Inte­gration getan werden.

Aus der Debatte darüber, wie die Aufnahme von Geflüchteten bewerkstelligt werden kann, sei eine Debatte über Geld und die Beschränkung der Rechte der Menschen geworden, sagte die Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Beate Rudolf. Sie bezog sich auf die jüngste Einigung von Bund und Ländern, Leistungen für Asyl­be­wer­be­r*in­nen zu kürzen. „Das ist nicht hinnehmbar“, sagte sie.

Ausgehend von der Befragung wird der Menschenrechtsrat Vorschläge zur Verbesserung der Menschenrechtslage in Deutschland erarbeiten. Welche Deutschland annimmt oder lediglich zur Kenntnis nimmt, erklärt Deutschland bei einer weiteren Konferenz im Frühjahr 2024.

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