Proteste fürs Deutschlandticket: Ein Kilometer A 100 für ein Ticket

Bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Montag steht auch das 49-Euro-Ticket auf der Tagesordnung. Verbände fordern, dass es erhalten bleibt.

Eine als Volker Wissing verkleidete und von anderen Menschen umringte Person zerreist eine Nachbildung des Deutschlandtickets

Protest gegen die Abschaffung des Deutschlandtickets auch in Köln Foto: Guido Schiefer/imago

BERLIN taz | Auf der Hatun-Sürücü-Brücke in Berlin-Neukölln staut sich der Autoverkehr. Es ist laut, Motoren und Bauarbeiten machen Lärm. Unter der Brücke, auf einem Bauabschnitt der Stadtautobahn A 100, haben Greenpeace-Aktivist:innen große Banner aufgespannt. Ihre Forderung: Statt Geld in Autobahnen zu stecken, solle die Bundesregierung das Deutschlandticket für 2024 sichern.

„Es fließen Milliarden in den Ausbau der A 100“, sagt Clara Thompson, Mobilitätsexpertin bei Greenpeace. „Aber für das Deutschlandticket fehlt das Geld dann.“ Am Montag trifft Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen der Länder und berät unter anderem über die Zukunft des Tickets – laut Thompson müsse dort die Finanzierung für das kommende Jahr sichergestellt werden.

Bisher konnten sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und die Lan­des­ver­kehrs­mi­nis­te­r:in­nen nicht auf eine Aufteilung der Kosten einigen. Bund und Länder zahlen jährlich je 1,5 Milliarden Euro für das bundesweit gültige Nahverkehrsticket. Strittig ist, wer die Kosten trägt, die den Verkehrsunternehmen wegen des Tickets, erhöhter Personal- und Energiekosten zusätzlich entstehen.

Der Verband der Verkehrsunternehmen (VDV) rechnet für das Jahr 2024 mit Mehrkosten von rund 1,1 Milliarden Euro. 700 Millionen aber könnten durch einen Rest des Budgets für 2023 gedeckt werden, wie ein Sprecher des VDV erklärt. Übrig blieben demnach 400 Millionen Euro. Die Ver­kehrs­mi­nis­te­r:in­nen der Länder haben bereits zugesagt, die Hälfte zu zahlen. Wissing lehnt ab, die anderen 200 Millionen mit Bundesgeldern zu zahlen; die Finanzierung des Nahverkehrs obliege den Ländern, so der FDP-Minister.

VCD fordert Machtwort des Kanzlers

„Das 49-Euro-Ticket ist bundesweit erhältlich“, sagt Greenpeace-Expertin Thompson. „Deshalb muss im Bundeshaushalt Geld dafür freigeschaufelt werden.“ Woher das Geld kommen könnte, wollen die Ak­ti­vis­t:in­nen der Umweltorganisation mit der Aktion auf der Berliner Baustelle zeigen. Nach Greenpeace-Angaben entsprechen 200 Millionen Euro den Kosten für 1,2 Kilometer neugebaute A 100. Grundlage für die Berechnung bilden Zahlen aus dem Bundesverkehrswegeplan.

Am Nachmittag protestiert Greenpeace zusammen mit dem ökologischen Verkehrsclub VCD und der Bürgerbewegung Campact vor dem Bundeskanzleramt, wo Kanzler Scholz und die Re­gie­rungs­che­f:in­nen der Länder zusammenkommen. Der VCD fordert ein Machtwort des Kanzlers. Laut Campact haben 450.000 Menschen einen Appell an die Bundesregierung unterschrieben, um das Aus des Deutschlandtickets abzuwenden.

Studierendenvertreter und Jugendverbände verlangten in einem offenen Brief außerdem erneut ein „Bildungsticket für Schüler*innen, Azubis und Studierende, das deutlich günstiger als 49 Euro ist“. Junge Menschen hätten meist ein geringeres Einkommen und seien auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen, heißt es.

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