Nach Verboten von Hamas und Samidoun: Razzien gegen Israelfeinde

Vor drei Wochen verbot Innenministerin Faeser die Hamas und Samidoun in Deutschland. Nun folgen, doch noch, Durchsuchungen in vier Bundesländern.

Polizeiauto bei einer der Durchsuchungen gegen die Hamas und Samidoun in Deutschland.

Die Polizei durchsuchte Aktivisten von Samidoun und Hamas: Einsatzfahrzeug in Berlin-Friedrichshain Foto: Paul Zinken, dpa

BERLIN taz | Schon vor drei Wochen hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Betätigungsverbote gegen die Hamas in Deutschland und deren Unterstützerverein Samidoun verkündet. Nun folgen – doch noch – Polizeimaßnahmen. Am frühen Donnerstagmorgen durchsuchten Beamte 15 Wohnungen in vier Bundesländern.

Laut Faeser hat die Hamas das Ziel, Israel zu vernichten. Auch Samidoun weise ein „antisemitisches, menschenverachtendes Weltbild“ auf. „Wir setzen unser konsequentes Vorgehen gegen radikale Islamisten fort“, erklärte Faeser am Donnerstag.

Man dulde keinerlei Verherrlichung oder Unterstützung des barbarischen Terrors der Hamas gegen Israel, „Islamisten und Antisemiten können und dürfen sich hier nirgendwo sicher fühlen.“ Diese „Extremisten müssen mit der ganzen Härte des Rechtsstaats“ rechnen.

Die Durchsuchungen erfolgten in Berlin, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Betroffen waren auch Räume der Palästinensischen Gemeinschaft in Deutschland. Sie gilt laut Verfassungsschutz als Repräsentantin der Hamas in Deutschland, mit Hauptsitz in Berlin und Ablegern vor allem in Nordrhein-Westfalen. Ziel war es, Unterlagen und Beweismittel zu beschlagnahmen und mögliches Vermögen der Gruppen einzuziehen.

Verbot ungewöhnlich früh angekündigt

Die Hamas und Samidoun waren schon direkt nach dem Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober, bei dem mehr als 1.200 Menschen getötet wurden, ins Visier geraten. Für die Hamas gilt Deutschland als Rückzugsraum, auch für Spendensammlung oder Rekrutierung. Den Islamisten werden hierzulande 450 Un­ter­stüt­ze­r*in­nen zugerechnet. Bereits seit 2001 wird die Hamas auf der EU-Terrorliste geführt.

Samidoun-Anhänger wiederum hatten in Berlin-Neukölln den Terrorangriff mit Baklava gefeiert – was breite Empörung hervorrief. Die Gruppe bejubelte das Massaker als „heldenhaften Widerstand“ gegen „koloniale zionistische Gewalt“. Samidoun setzt sich für die Freilassung palästinensischer Gefangener ein und ist mit der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) verbandelt, die von Sicherheitsbehörden als terroristisch eingestuft wird. Die Gruppe soll hierzulande nur wenige dutzend Aktivisten haben, vor allem in Berlin – die sich vor ihrem Verbot aber umtriebig in mehreren Städten an Anti-Israel-Protesten beteiligten.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte früh nach dem Hamas-Massaker ein Verbot von Samidoun und Hamas in Deutschland angekündigt – nachdem dieses zuvor schon im Bundestag und von zivilgesellschaftlichen Akteuren gefordert worden war. Es war ein ungewöhnlicher Schritt: Normalerweise werden Verbote nicht vorher kundgetan. Scholz aber ging es damals auch um ein Signal Richtung Israel und islamistische Szene in Deutschland.

Am 2. November meldete Faeser dann Vollzug mit den Betätigungsverboten. Auch da gab es Kritik, warum nicht parallel Durchsuchungen erfolgten – wie sonst bei Verboten üblich. Ursache war offenbar die kurze Zeit, in der das Ministerium das Verbot vorbereitet hatte. Normalerweise haben solche Verfahren einen monatelangen Vorlauf. Ob die Polizei nun noch nennenswerte Beschlagnahmungen machen wird, bleibt abzuwarten.

Die Berliner Gewerkschaft der Polizei kritisierte am Donnerstag den Ablauf der Verbotsverfahren mit all seinen Ankündigungen als „desaströs“. Die Polizeikräfte machten „das Beste daraus“. Es sei in der derzeitigen Lage besser, „lieber einmal mehr als zu wenig rechtsstaatliche Maßnahmen zu ergreifen“.

Samidoun will gegen Verbot klagen

In der Folge blieben zunächst auch Social-Media-Kanäle zumindest von Samidoun online, auf denen die Gruppe kundtat, trotz Verbot „standhaft“ bleiben zu wollen. Mit einer Fotomontage von Faeser und Baklava wurde sich über das Verbot lustig gemacht. Erst nach und nach wurden die Kanäle gesperrt. Die Webseite von Samidoun war aber bis zuletzt erreichbar. Zumindest auf Kundgebungen trat die Gruppe zuletzt nicht mehr offen auf. Dies wäre nun auch strafbar – ebenso wie das Gründen von Ersatzorganisationen. Samidoun kündigte an, gegen das Verbot klagen zu wollen.

Erst vor einer Woche hatte Faeser auch Durchsuchungen gegen das Islamische Zentrum in Hamburg (IZH) durchführen lassen. Das gilt als verlängerter Arm des Iran in Deutschland – der wiederum die Hamas unterstützt. Faeser erklärte, sie prüfe ein Verbot des IZH. Zugleich kündigte sie an, dass auch zu anderen islamistischen Gruppen solche Prüfungen liefen.

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