Grundsatzprogramm der CDU: Eine gute Streitbasis

Die CDU hat nun einen Plan, wofür sie in den nächsten zehn Jahren stehen will. Was man sagen kann: Die Diskussionen mit ihr bleiben garantiert.

Videoüberwachung im öffentlichen Raum

Harte Law-and-Order-Politik: Die CDU möchte mehr Videoüberwachung Foto: Michael Gstettenbauer/imago

Die CDU liefert eine Diskussionsgrundlage für die Frage ihrer politischen Relevanz. Der Entwurf zum neuen Grundsatzprogramm, den die Partei am Montag vorlegte, hat es tatsächlich in sich: Mit dem Papier will die Partei festhalten, worin sie ihre Bedeutung für die kommenden zehn Jahre sieht. Der Entwurf ist der ganz deutliche Versuch, mit einigen Stichpunkten das konservative Profil der Partei zu schärfen. Hinter dem schnarchigen Titel „In Freiheit leben“ stehen 70 Seiten, mit denen die CDU viel Grund zum Streiten bietet, und das ist gut so.

Manches ist in dem Dokument nicht ausformuliert. So soll ein „christliches Menschenbild“ der Partei den „Kompass“ bieten. Zwar stellt die CDU durchaus etwa Überlegungen zur Menschenwürde an, die sie daraus ableitet. Andere Gedanken, die man zum „christlichen Menschenbild“ biblisch anstellen könnte, fehlen jedoch prominent: Die Fehlbarkeit des Menschen und sein Bedürfnis nach Barmherzigkeit.

Was im Entwurf zum CDU-Grundsatzprogramm stattdessen folgt, sind Vorstellungen einer harten Law-and-Order-Politik unter dem Titel „Sicherheit für alle“. Die CDU möchte schnellere Gerichtsverfahren mit „weniger Instanzen“, mehr Videoüberwachung, mehr Kompetenzen für Polizei und Verfassungsschutz und dadurch Strafen, die der Tat „auf dem Fuße“ folgen. Von der Resozialisierung von Straf­tä­te­r*in­nen, die sich auch aus einem „christlichen Menschenbild“ ableiten ließe, spricht die Partei hingegen nicht. Auch hier liefert die CDU einen guten Grund für die harte Auseinandersetzung mit ihrer Programmatik.

Verkürzte Vorstellung von Solidarität

Solidarität ist neben Sicherheit und Freiheit ein Grundbegriff in dem Programm. Während die CDU Freiheit und Sicherheit nicht als gegensätzlich, sondern als komplementär darstellt („Nur in Sicherheit ist ein Leben in Freiheit möglich“), wird Solidarität als eine Art letzter Ausweg gesehen: „Solidarität durch die Gemeinschaft bedarf es dort, wo nur gesamtstaatliches Handeln sozialen Herausforderungen gerecht werden kann.“ Abgesehen von der Gleichsetzung der Solidarität mit Staatlichkeit an dieser Stelle (es steht nicht überall im Programm so) ist das eine brutale Verkürzung des gemeinsamen Schulterschlusses zwischen Menschen.

An anderer Stelle werden auch Ableitungen aus dieser Vorstellung deutlich: Der Entwurf propagiert mehr Eigenverantwortung und Sparsamkeit im Gesundheitswesen sowie eine „Aktivrente“ mit steuerfreien Einkünften für Rentner, die ihre Bezüge mit Arbeit aufbessern wollen. Dazu möchte die CDU das Renteneintrittsalter konsequent an die Lebenserwartung knüpfen.

Wo das wohl hinführen soll mit der CDU in den kommenden 10 Jahren? Streit mit der Partei ist auf dieser Basis garantiert.

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Berichtet seit 2022 als Korrespondent im Parlamentsbüro der taz unter anderem über die FDP und die Union. Studium der Sozialwissenschaften und Volkswirtschaftslehre Köln, London und Moskau.

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