Aufgebauschtes Demo-Foto von Politikerin: Polizei bemüht die Opferrolle

Die Niedersächsiche Polizeigewerkschaft unterstellt der Abgeordneten Marie Kollenrott wegen eines Demofotos Polizeifeindlichkeit. Das ist Propaganda.

Die Abgeordnete Marie Kollenrott steht vor einem Banner mit der Aufschrift "fight the racist state, its cops and white supremacy"

Polizeigewerkschaft unterstellt Absicht: Marie Kollenrott vor polizeifeindlichem Banner Foto: Facebook

Die niedersächsischen Polizeigewerkschaften haben eine Gelegenheit gefunden, eine grüne Landtagsabgeordnete zu Kreuze kriechen zu lassen. Marie Kollenrott hatte auf Instagram ein Foto von der Demonstration des Göttinger Bündnisses gegen rechts am 21. Januar gepostet. Darauf ist sie an der Spitze des Zuges zu sehen und hinter ihr ein Banner mit der Aufschrift „fight the racist state, its cops and white supremacy“.

Ein „vergnügter Post“ auf Social Media mit derartigen Aussagen müsse Konsequenzen haben, forderte Patrick Seegers, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DpolG). Er zeuge „von tiefer Ablehnung des Staates und seiner Institutionen“. Das sei umso schlimmmer, als die Polizei ja gerade die so überaus wichtigen Demonstrationen gegen rechts schütze.

Natürlich ist es eine kontraproduktive Idee, auf einer „Jetzt stehen wir alle zusammen“-Demo ein Banner mit der Aufforderung „Bekämpft die Bullen“ vor sich her zu tragen. Die DPolG mag sich zu recht über solche Parolen aufregen. Unseriös und manipulativ wird das, wenn sie einen unbedachten Instagram-Post aufbauscht, um ein Loyalitätsbekenntnis zur Polizei einzuholen.

Es ist komplett hergeholt, der Landtagsabgeordneten Kollenrott die Ablehnung des Staates und seiner Institutionen zu unterstellen. Dies umso mehr, als eine Reihe anderer Politiker, unter anderem die Oberbürgermeisterin Petra Broistedt (SPD), vor der gleichen Kulisse marschierten.

Die Botschaft ist klar: Leg’ dich nicht mit der Polizei an, sonst sagen wir’s deinen Eltern

Die Göttinger Politik sei von der Polizei an die Spitze des Demonstrationszuges gebeten worden, um Umplanungen zu erleichtern, schrieb Kollenrott an die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die ebenfalls die Interessen von Polizisten vertritt und einen Hinweis auf das Foto gegeben hatte. Kollenrott entschuldigte sich, löschte das Foto – und die ­GdP bedankte sich für die offene Kommunikation.

Anders die DPolG: Sie forderte die Vorsitzenden der grünen Landtagsfraktion auf, Stellung zu nehmen, nicht etwa die Abgeordnete selbst. Die Botschaft ist klar: Leg’ dich nicht mit der Polizei an, sonst sagen wir’s deinen Eltern.

Traurig ist es, dass die Polizeigewerkschaft es nötig zu haben glaubt, sich mit Boulevardmethoden als Opfer negativer Meinungsmache darzustellen – schließlich gehört die Polizei zu den Institutionen, denen die Bevölkerung das größte Vertrauen entgegenbringt. Circa 80 Prozent der Leute antworten bei Umfragen regelmäßig, sie hätten zur Polizei großes oder sehr großes Vertrauen.

Wenn sie fürchtet, das könnte verloren gehen, sollte sie vielleicht weniger auf der symbolischen als auf der faktischen Ebene handeln. Wie wär’s damit, auf die routinemäßigen Gegenanzeigen gegen Leute zu verzichten, die sich gegen Übergriffe von Polizisten wehren? Wie wäre es mit einem unabhängigen, nicht der Exekutive unterstellten Polizeibeauftragten? Die Polizei hat ja schließlich nichts zu verbergen.

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