Streit um die EU-Lieferkettenrichtlinie: Die Lieferung steht aus

Auf ihren jeweiligen Europaparteitagen möchte die FDP gegen eine Verschärfung der Lieferkettenrichtlinie werben – und die SPD dafür.

Carl-Julius Cronenberg von der FDP hat was zu lachen

Carl-Julius Cronenberg von der FDP: „Wir haben bereits ein wirksames Lieferkettengesetz in Deutschland“ Foto: /dts Nachrichtenagentur/imago

BERLIN taz | Mit fundamental unterschiedlichen Anträgen blicken die Regierungsparteien von FDP und SPD auf ihre Europaparteitage am Wochenende. Die Liberalen stimmen am Sonntag neben der Aufstellung ihrer Wahllisten für das EU-Parlament auch über einen Antrag des Präsidiums ab, mit dem sich die Partei gegen eine Verschärfung der Lieferkettenrichtlinie posi­tio­nieren will. Zeitgleich bringt sich die SPD auf ihrer EU-Delegiertenkonferenz für ein „starkes europäisches Lieferkettengesetz“ in Stellung, wie es dort in einem Antrag heißt.

Vergangene Woche hatte sich das FDP-Präsidium gegen die Arbeiten auf EU-Ebene zur Lieferkettenrichtlinie gestellt. „Wir haben bereits ein wirksames Lieferkettengesetz in Deutschland“, erklärte am Donnerstag der mittelstandspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Carl-Julius Cronenberg, gegenüber der taz. Eine weitere Bürokratiebelastung „ohne wirksamen Mehrwert für die Menschenrechte“ sei für die Partei nicht tragbar. Der vorläufige Kompromiss, den EU-Kommission, Parlament und Ministerrat Mitte Dezember gefunden hatten, würde kleine und mittlere Unternehmen überfordern, so Cronenberg. „Hinzu kommen ein weiterer Anwendungsbereich und viel Bürokratie.“

Dabei hatte das FDP-geführte Bundesjustizministerium zusammen mit dem Arbeits- und Wirtschaftsministerium federführend an der Richtlinie gearbeitet. Die Erleichterung war groß, als nach zwei Jahren zäher Verhandlungen am 14. Dezember 2023 der Entwurf zu einer Richtlinie zu Verpflichtungen von Unternehmen zu Menschenrechten und Umweltschutz stand. Die finale Zustimmung von Parlament und Rat galt dabei zuletzt als reine Formsache.

FDP stimmt über ihre EU-Listenplätze ab

Doch die Bundesregierung droht die Einigung nun wieder zu gefährden. Aus dem Justizministerium von FDP-Politiker Marco Buschmann hieß es am Donnerstag, dass die regierungsinternen Gespräche zur „endgültigen Positionierung“ der Bundesregierung zur EU-Lieferkettenregelung andauerten. „Das Bundesjustizministerium hat sich stets für eine konstruktive Verhandlungsführung der Bundesregierung in Brüssel zur EU-Lieferkettenregelung eingesetzt.“ Buschmann habe dabei jedoch von Anfang an deutlich gemacht, dass er sich „vor der abschließenden Meinungsfindung zum finalen Richtlinientext das Gesamtergebnis ansehen werde“.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Manuel Gava, Mitglied im Arbeitsausschuss, fordert von der Bundesregierung einen Einsatz für die neue Richtlinie. „Ich erwarte ein klares Bekenntnis zum Lieferkettengesetz von der Bundesregierung und vom Kanzler und keine Enthaltung“, sagte er der taz. Im Koalitionsvertrag sei eindeutig geregelt, dass die Regierung sich für ein europäisches Lieferkettengesetz einsetze.

„Ein weiterer German Vote würde unsere Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit in Europa massiv beschädigen“, sagte er mit Anspielung auf die Diskussionen in Brüssel vom vergangenen März. Damals hatte die FDP das gemeinsam ausgehandelte Aus für Verbrennungsmotoren in neuen Autos ab 2035 unterminiert und auch eigene Frak­ti­ons­kol­le­g*in­nen im EU-Parlament vor den Kopf gestoßen. „Deutschland muss auf europäischer Ebene seriös und verlässlich auftreten, das erwarten die anderen Mitgliedsländer zurecht von der größten Volkswirtschaft in der EU“, mahnt der SPDler Gava.

Unterdessen möchte die FDP bei ihrem Parteitag die Verteidigungspolitikerin und Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann auf dem ersten Listenplatz in die EU-Wahlen schicken. Auf den vorderen 7 Plätzen gilt die Aufstellung als umkämpft. Derzeit sitzt die FDP mit 5 Abgeordneten in der europäischen Kammer in der Fraktion Renew ­Europe, gemeinsam mit Kol­le­g*in­nen der Partei des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, La République en Marche.

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