Geheimtreffen mit Rechtsextremen: Sprachschutzpolizei auf Abwegen

Bei dem Treffen von Neonazis soll ein Vorstandmitglied des Vereins Deutsche Sprache anwesend gewesen sein. Höchste Zeit, den Club ins Aus zu schießen.

Eine Villa zwischen blätterlosen Bäumen.

In diesem Gästehaus sollen sich im November 2023 hochrangige AfD-Politiker, Neonazis und finanzstarke Unternehmer getroffen haben Foto: Jens Kalaene/dpa

Die Rechten organisieren sich, haben Geld und Macht. Ein weiteres Beispiel dafür, was die AfD, Neonazis und ihre Geldgeber in Deutschland vorhaben, lieferte das Recherchezentrum Correctiv am vergangenen Mittwoch. Seitdem ist das Medienecho groß, zu Recht bekommt die Frage eines bundesweiten AfD-Verbots weiteren Aufwind.

Dass hochrangige Politiker in einem Potsdamer Hotel die Vertreibung von Millionen von Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland planen sollen, darf nicht ohne Konsequenz bleiben. Doch auf diese wartet man bisher vergeblich. Einer der Initiatoren des Treffens, Hans-Christian Limmer, Investor und „Hans im Glück“- Gesellschafter, musste die Restaurantkette nach den veröffentlichten Vorwürfen verlassen. Aber: Sein Rausschmiss ist eine Formsache, die ihm wohl als finanzstarken Investor wenig schaden wird.

Eine weiterhin fast unbeachtete Person, die Teil der Runde gewesen sein soll, ist Silke Schröder. In der Correctiv-Recherche kommt sie als interessierte Fragestellerin vor, die sich nicht sicher sei, wie man Deutsche mit „entsprechendem Pass“ umsiedeln soll.

Reden mit Rechten

Die Immobilienunternehmerin hat unter anderem ein eigenes Youtube-Format bei dem Kanal des Senders TV.Berlin. Dieser ist bekannt für regimefreundliche Beiträge zu Aserbaidschan. Darin spricht sie auch mit bekannten Ver­tre­te­r*in­nen der rechten Szene. Bekannte Gäste sind Alice Weidel, Thilo Sarrazin und Hans-Georg Maaßen. Als Vorstandsmitglied des Vereins Deutsche Sprache setzt sie sich laut Website für den „Erhalt der Deutschen Sprache“ und gegen die „ideologisch motivierte Genderbewegung“ ein.

Konsequenzen aus ihrer Teilnahme in Potsdam zieht der Verein nicht. In einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme distanziert er sich von Schröders „privaten Tätigkeiten“. Der Verein vertrete Menschen „aus allen politischen und gesellschaftlichen Schichten, die sich um die deutsche Sprache bemühen“, außerdem lehne er „Diskriminierung jeder Form ab“. Kurz gesagt: Die politische Gesinnung eines Vorstandsmitgliedes ist egal, Konsequenzen gibt es keine.

Überraschend ist das nicht, denn der Verein und sein Gründer Walter Krämer glänzen seit Jahren mit rechtspopulistischer Rhetorik. In dem Vereinsblatt „Sprachnachrichten“ und anderen Veröffentlichungen wettert der ehemalige Professor für Wirtschafts- und Sozialstatistik regelmäßig gegen die „Genderpest“ und regt sich in einem Interview in der rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ über die „Medienmafia“ mit „rot-grüner Weltverbesserungsidologie“ auf.

Medienaufmerksamkeit für den Verein

Der Sprachwissenschaftler Stefan Hartmann zeigt im Online-Format Volksverpetzer, wie der Verein rechte Narrative nutzt, um gegen das Gendern zu argumentieren. Der Spiegel, der Stern, die Zeit, der Deutschlandfunk, auch die taz und viele mehr zitierten den Verein in den vergangenen Jahren, wenn es um Genderfragen ging.

Der jährlich ausgestellte Negativpreis „Sprachpanscher des Jahres“ des „Vereins Deutscher Sprache“ ist vielen Medien auch 2023 noch eine Meldung wert.

Noch im vergangenen Jahr veröffentlichte der Stern ein längeres Gespräch über inklusive Sprache mit einem Mitglied des Vereins. Die vielen mindestens rechtspopulistischen Aussagen thematisierte man nicht.

Spätestens jetzt, nach den jüngsten Erkenntnissen über Silke Schröder, ist zu hoffen, dass Jour­na­lis­t*in­nen erkannt haben, dass diesem Verein keine mediale Plattform gewährt werden sollte.

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Jahrgang 1999, studierte Wirtschaftspolitischen Journalismus in Dortmund und gründete ein Kulturmagazin für das Ruhrgebiet. Seit Oktober 2023 Taz-Volontärin.

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