Tarifstreit mit Lokführergewerkschaft: Bahn gibt nach

Ein neues Angebot der Bahn für die GDL im Tarifstreit: Schichtarbeiter könnten danach ab 2026 bei vollem Lohn eine Stunde weniger arbeiten.

Bahnvorstand Seiler bei der Pressekonferenz

Bahnvorstand Seiler macht der GDL bei der Pressekonferenz ein Angebot Foto: dpa

BERLIN taz | Die Deutsche Bahn geht auf die Forderung der Lokführergewerkschaft GDL nach einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich zum Teil ein. Das Unternehmen will die GDL damit an den Verhandlungstisch zurückbringen. Das neue Angebot sieht eine Wahlmöglichkeit für die im Schichtdienst arbeitenden Lokführer und Zugbegleiter vor.

Ab dem 1. Januar 2026 können die Beschäftigten entweder eine Stunde weniger arbeiten und dabei den gleichen Lohn wie bisher beziehen. Oder sie bleiben bei der gewohnten Wochenarbeitszeit und erhalten dafür ein um 2,7 Prozent erhöhtes Entgelt. „„Es gibt keinen Grund mehr, nicht an den Verhandlungstisch zurückzukehren“, betonte Personalvorstand Martin Seiler am Freitag.

Auch beim Gesamtvolumen des Angebots haben die Arbeitgeber draufgesattelt. Bisher stand eine durchschnittliche Lohnerhöhung um 11 Prozent im Raum. Durch die Kosten der Arbeitszeitverkürzung erhöht sich das Volumen nun auf 13 Prozent. Die Steigerung soll in zwei Schritten am 1. August 2024 um 4,8 Prozent und am 1. April 2025 um 5,0 Prozent erfolgen. Zudem gibt es eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 2.850 Euro.

Die Laufzeit des Angebots beträgt 32 Monate. Die lange Zeitspanne bis zum Start der Arbeitszeitverkürzung erklärt die Bahn mit dem notwendigen Aufbau neuen Personals zum Ausgleich der geringeren Arbeitszeit. Laut Seiler müsste der Personalbestand im Zugpersonal um 3 Prozent erhöht werden. Rechnerisch entspricht dies bei den Lokführern rund 600 Stellen.

Eine Reaktion der GDL lag am Freitagmittag noch nicht vor. Von der Maximalforderung der Gewerkschaft ist der Vorschlag noch ein gutes Stück weit entfernt. Die GDL will 555 Euro mehr Lohn sowie eine Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro. Die Kernforderung ist jedoch eine Arbeitszeitverkürzung um 3 auf 35 Stunden mit vollem Lohnausgleich.

Bahn will am Donnerstag verhandeln

Überdies beharrt die Gewerkschaft auf den Abschluss von Tarifverträgen auch für Berufsgruppen in anderen Bereichen der Bahn, etwa der Infrastruktur. Das lehnen die Arbeitgeber weiterhin ab, weil die GDL in diesen Betrieben nicht die größte Gewerkschaft ist und nach dem Tarifeinheitsgesetz jeweils nur der Tarifvertrag der mitgliederstärksten Organisation angewendet wird. Das ist in gut 280 Bahnbetrieben die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Die GDL hat nur in 18 Betrieben das Sagen.

Die Bahn schlägt neuerliche Verhandlungen am kommenden Donnerstag in Berlin vor. Noch kürzlich hatte GDL-Chef Claus Weselsky einen längeren Streik angedroht, sollte das Unternehmen nicht auf seine Kernforderungen eingehen.

Mit dem neuen Angebot könnte ein neuer Streik in der kommenden Woche vom Tisch sein. Die Atmosphäre zwischen beiden Seiten ist derzeit mehr als unterkühlt. Seiler wirft der GDL vor, gar nicht verhandeln zu wollen. „Die Bereitschaft zum Kompromiss fehlt“, sagt Seiler. Damit lege die GDL „Axt an eine gute Sozialpartnerschaft an“. Lediglich 14 Stunden habe man bisher verhandelt, aber 114 Stunden gestreikt.

Ein weiterer Konfliktpunkt belastet die Verhandlungen. Die Bahn zweifelt die Tariffähigkeit der GDL an. Denn Gewerkschaftsmitglieder haben im vergangenen Jahr eine Genossenschaft gegründet, die als Leiharbeitsfirma Lokführer von der Deutschen Bahn abwerben und diese an andere Bahnen ausleihen will.

Damit sei die GDL gleichzeitig Arbeitgeber und Gewerkschaft, kritisiert Seiler. Dies sei nicht zulässig. Mit einer Feststellungsklage will sich die Bahn diese Position bestätigen lassen. Bekommt das Unternehmen Recht, wären Abmachungen mit der GDL hinfällig, womöglich auch rückwirkend, da eine Entscheidung der Gerichte noch Jahre dauern könnte.

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