Waffenlieferungen an die Ukraine: Nur der begehrte Taurus fehlt

Pünktlich zum Jahrestag plant die Ampel, mehr „weitreichende Waffensysteme“ und „Munition“ zu liefern – und will so Unterstützung signalisieren.

Weitreichende Wafffensysteme: die „Storm Shadow“ Rakete der britischen Luftwaffe Foto: RAF via reuters

BERLIN taz | An diesem Freitag jährt sich der russische Angriffskrieg auf die Ukraine zum zweiten Mal. Selten zuvor war die militärische Lage für die ukrainische Armee so brenzlig, wie in den vergangenen Tagen zu beobachten war. Bestes Beispiel: Awdijiwka in der Ostukraine wurde erst eingekesselt, dann mussten die Ukrai­ne­r:in­nen abziehen. An allen Fronten wird erbittert gekämpft, die ukrainische Armee versucht die Frontlinien zu halten, doch es fehlt an Munition und schwerem Kriegsgerät, um Putins Armee entgegenzutreten.

Erst am Dienstag meldete die regionale Militärverwaltung, dass bei einem russischen Drohnenangriff auf die nördliche Region Sumy fünf Menschen starben. Dass die ukrainische Armee mit dem Rücken zur Wand steht, daraus machte Präsident Wolodimir Selenski am vergangenen Wochenende bei der Münchner Sicherheitskonferenz keinen Hehl – und lobbyierte kräftig bei Nato-Staaten und Verbündeten um weitere Waffenlieferungen. Eine am vergangenen Freitag geschlossene Sicherheitsvereinbarung mit Deutschland beinhaltet eine dauerhafte Unterstützung.

Die Ampelfraktionen wollen am Donnerstag einen Antrag in den Bundestag einbringen, der ein deutliches Signal für die langfristige Unterstützung der Ukraine setzen soll. „Putin führt diesen Krieg für den eigenen Machterhalt und die imperialen Großmachtfantasien seines Regimes“, heißt es in dem Antrag, der der taz vorliegt. Den Fraktionen von SPD, Grünen und FDP geht es um den Wiederaufbau der Ukraine, um einen potenziellen Nato- und EU-Beitritt, um schärfere Sanktionen gegen Russland.

Aber vor allem geht es um mehr Waffen. Um die territoriale Unversehrtheit der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen in vollem Umfang wiederherzustellen, beinhalte dies die Lieferung von zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen und Munition, heißt es in dem Antrag. Der Begriff „weitreichende Waffensysteme“ lässt vermuten, dass auch Kriegsgerät nicht ausgeschlossen ist, das nicht nur der Verteidigung dient, sondern auch russisches Territorium treffen könnte.

Doch ein ganz eindeutiges Wort dazu fehlt: der Taurus. Seit Monaten fordert die Ukraine von der Bundesregierung Marschflugkörper dieses Typs zu liefern. Das Kanzleramt blockierte bisher. Zu groß sei die Gefahr, dass das panzerbrechende Kriegsgerät mit einer Reichweite bis zu 500 Kilometern Moskau erreichen könnte.

Die Bundesregierung hat Sorge, dass der Taurus Moskau erreichen könnte

Grünen-Politiker:innen wie Anton Hofreiter oder Katrin Göring-Eckardt befürworten seit Langem eine solche Lieferung. Auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) macht seit Langem Druck, dass der Taurus aus Berlin nach Kyjiw kommt. Unterstützung kommt aus der CDU/CSU-Fraktion. Diese will am Donnerstag einen eigenen Antrag stellen zur militärischen Unterstützung der Ukraine – und fordert darin den Taurus. Wie der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Thorsten Frei am Dienstag sagte, sei es deshalb undenkbar den Antrag der Ampelfraktionen zu unterstützen. Obwohl ansonsten dieser Antrag in vielen Punkten mit dem eigenen Unionsantrag übereinstimme.

FDP-Verteidigungspolitikerin Strack-Zimmermann kündigte auf X, ehemals Twitter, bereits an, für den Taurus-Antrag zu votieren. Mit diesen weitreichenden Waffensystemen könnten nur Taurus-Marschflugkörper gemeint sein, schreibt sie dort. „Eine namentliche Nennung scheiterte aber an der SPD,“ sagte sie und äußerte damit deutlichen Unmut am Koalitionspartner. Rolf Mützenich, SPD-Fraktionschef, forderte dagegen scharf ein Ende der Debatte über einzelne konkrete Waffenlieferungen an die Ukraine. Vor einem Jahr sei über Leopard-Panzer gesagt worden, sie könnten die Lage auf dem Schlachtfeld entscheidend verändern. Das sei aber nie passiert. Wichtig sei immer die „Gesamtschau“, sagte Mützenich.

Der Antrag der Ampelfraktionen sei kein Antrag, der über Waffensysteme entscheide, sondern der die Situation der Ukraine in den letzten zehn Jahren würdige und was die Bundesregierung an Hilfen gegeben hatte. Wer meine, man könne diesen Krieg alleine mit einem Waffensystem lösen, der irre sich.

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