Todesstrafen-Bericht von Amnesty: 853 Hinrichtungen in Iran

Amnesty meldet für 2023 einen starken Anstieg an Exekutionen in Iran, 48 Prozent mehr als im Vorjahr. Die NGO fordert diplomatische Konsequenzen.

Galgen, dahinter Protestierende

Nein zur Todesstrafe im Iran – Protestaktion am Kölner Dom im Jahr 2021 Foto: imago

BERLIN taz | „Gerechtigkeit für meinen Vater“, schreibt Elaheh Bayat in ihrer Onlinepetition. Ihr Vater Shahriyar Bayat wurde im Zuge der „Frau Leben Freiheit“-Proteste in Iran im Herbst 2022 festgenommen und nun zum Tode verurteilt. Ihm werden regimekritische Social-Media-Beiträge angelastet. „Beleidigung des Propheten“ nennt das die Justiz der Islamischen Republik. „Mein Vater ist unschuldig“, sagt seine Tochter, die seit 2022 in Deutschland lebt, der taz.

Ihren Vater hat sie seit zwei Jahren nicht mehr gesehen. Er sei ein „ganz normaler Mensch“. Die angeblichen Beweise, dass er „den Propheten beleidigt“ habe, hätten die Behörden lediglich aus Bildern auf seinem Handy entnommen. „Solche Bilder hätten von jedem gepostet sein können und wurden unter Freunden geteilt.“

Auf X schreibt der Aktivist und Ex-Gefangene Arash Sadeghi, dass er mit Shahriyar Bayat eine Zelle im Evin-Gefängnis geteilt hatte. Bayat seien im Verhör Social-Media-Beiträge vorgelegt worden, die dieser nicht produziert habe. Dennoch wurde er zum Tode verurteilt. Die Familie befürchtet eine baldige Exekution. Bayat wäre nicht der Erste, der wegen angeblicher „Beleidigung des Propheten“ in Social-Media-Beiträgen hingerichtet werden würde.

Angehörige erfahren oft aus den Medien von Hinrichtungen

„Im Jahr 2023 wurden mindestens zwei Personen wegen Anklagen, die ausschließlich aus der friedlichen Ausübung ihrer Rechte auf Meinungsfreiheit, Religion und Glauben resultierten, hingerichtet“, schreibt Amnesty International im neuesten Bericht zur Todesstrafe in Iran. Die Social-Media-Nutzer Sadrollah Fazeli Zar’e und Yousef Mehrdad wurden am 8. Mai 2023 in Arak hingerichtet, unter anderem wegen angeblicher „Beleidigung des Propheten des Islam“. Ihre Angehörigen erfuhren davon erst durch die Medien.

Mehr als 853 Menschen wurden in Iran 2023 hingerichtet, die höchste Zahl seit 2015 und 48 Prozent mehr als im Vorjahr, so Amnesty International. Betroffen seien vor allem Be­lut­sch*in­nen im Südosten des Landes. Sie zählen nur fünf Prozent der Bevölkerung, aber 20 Prozent der Exekutierten. „Die massenhaften Hinrichtungen im Iran müssen spürbare diplomatische Konsequenzen haben“, fordert Christian Mihr von Amnesty International Deutschland, „ansonsten werden sich die iranischen Behörden ermutigt fühlen, in den kommenden Jahren weitere Tausende Menschen ungestraft hinzurichten.

Die internationale Gemeinschaft sowie die Bundesregierung müssen sich für ein Hinrichtungsmoratorium mit dem Ziel der endgültigen Abschaffung der Todesstrafe einsetzen.“ Die Bundesregierung solle „die Möglichkeit universeller Gerichtsbarkeit nutzen, um iranische Verantwortliche auch in Deutschland zur Rechenschaft zu ziehen“. In Deutschland kämpft Elaheh Bayat dafür, dass ihr Vater nicht zu den Hingerichteten zählt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.