Deutsches Afghanistan-Mandat: Steinmeier fordert Abzug bis 2015

Der SPD-Fraktionsvorsitzende plädiert für ein Ende des militärischen Engagements zwischen 2013 und 2015. Die schwarz-gelbe Koalition will nach der Afghanistan-Konferenz ein neues Mandat beschließen.

Steinmeier will die beruhigten Distrikte vollständig an Afghanen übergeben. Bild: ap

BERLIN dpa | Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier hat erstmals ein Datum für ein Ende des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan genannt: spätestens 2015. "Wir müssen uns mit den wichtigsten europäischen Partnern auf die Beendigung unseres militärischen Engagements in einem Korridor zwischen 2013 und 2015 verständigen", sagte Steinmeier der Wochenzeitung Die Zeit. Das sei "ehrgeizig, aber realistisch". Er fügte hinzu: "Wir müssen jetzt die einigermaßen beruhigten Distrikte vollständig an Afghanen übergeben."

Der Ex-Außenminister mahnte zugleich an, den Beginn des Bundeswehr-Abzuges an den Abbau der US-Präsenz in Afghanistan zu koppeln. Präsident Obama habe das Datum 2011 für den Beginn der Reduzierung des militärischen Engagements der USA gesetzt. "Dahinter sollten auch wir nicht zurückbleiben. Auch der Abzug der deutschen Soldaten sollte 2011 beginnen."

Steinmeier räumte ein, dass das ursprüngliche Ziel des Engagements - der Aufbau von Rechtsstaat und Demokratie - zu ambitioniert gewesen sei. "Ja, vielleicht hat man zu hohe Erwartungen geweckt", sagte er. "Aber was hätten Sie damals gesagt, wenn man diese Latte niedriger gelegt hätte?" Das 2001 definierte Programm des Einsatzes könne "nicht allein Bedingung für die Dauer unseres Aufenthaltes und den Beginn eines Rückzugs sein".

Die Bundesregierung will nach der Afghanistan-Konferenz bei allen Oppositionsfraktionen um Zustimmung zu einem neuen Mandat werben. "Zurzeit stimmen wir auf Regierungsebene unser Afghanistan-Konzept im Detail ab", sagte Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) der Leipziger Volkszeitung am Dienstag.

"Auch nach der Londoner Afghanistan-Konferenz werden wir selbstverständlich mit den Oppositionsfraktionen darüber reden", sagte Pofalla. Es gehöre zur guten Parlamentstradition, Bundeswehr-Einsätze auf eine möglichst breite politische Basis zu stellen. Eine abschließende deutsche Vorstellung für das neue Afghanistan-Mandat werde es erst im Licht der Ergebnisse der Londoner Konferenz vom 28. Januar geben.

Deutschland hat bereits in Aussicht gestellt, die zivile Aufbauhilfe für Afghanistan auf rund 250 Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen. Gleichzeitig soll die Zahl der Polizeiausbilder auf 200 verdoppelt werden. Über eine Erhöhung des Bundeswehrkontingents am Hindukusch gibt es noch keine Informationen, bisher liegt es bei maximal 4500 Soldaten. Aus Regierungskreisen wurde unterdessen bestätigt, dass der afghanische Präsident Hamid Karsai vor der Konferenz in London am 27. Januar in Berlin zu Gesprächen erwartet wird. In London dürfte es vor allem um eine Erhöhung der Truppenstärken gehen.

Aus Sicht von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) muss die internationale Gemeinschaft mit einem Kraftakt zu einem guten Abschluss des Afghanistan-Einsatzes kommen. "Wir müssen alles tun, um die Operation zu einem plausiblen und tragbaren Ende zu bringen", sagte Guttenberg am Montagabend in Berlin. "Afghanistan ist derzeit eine der wichtigsten und schwierigsten Aufgaben."

In Afghanistan seien messbare Aufbau- und Ausbildungserfolge nötig, um eine Perspektive für den Abzug der internationalen Truppen zu eröffnen, sagte der Verteidigungsminister. Es könne jetzt aber nicht festgelegt werden, "wer wann als letzter das Licht ausknipst, weil man damit letztendlich jenen eine Steilvorlage liefern würde, die die Dinge wieder zurückdrehen wollen."

SPD-Parteichef Sigmar Gabriel widersprach am Montag Informationen über eine Verständigung mit der SPD zur Afghanistan-Strategie. Es habe zwar ein Gespräch zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier gegeben, sagte Gabriel nach einer SPD-Vorstandsklausur in Berlin. "Von einer Einigung kann aber auch schon deshalb keine Rede sein, weil die Regierung keine Afghanistan-Strategie hat", sagte Gabriel.

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