Golden Girls

Ute Grünwedel, 82, und Hildegard Ruder, 79, leben im Wohnprojekt Olga („Oldies leben gemeinsam aktiv“) in Nürnberg.

Warum leben Frauen im Durchschnitt länger als Männer? Weil sie später wenigstens noch ein paar schöne Jahre haben wollen. Diesen Scherz hören die Bewohnerinnen des Wohnprojekts Olga öfter. Im Haus wird gerade das 20-jährige Bestehen (nach-)gefeiert, Gratulationen aus der Lokalpolitik und Medienrummel inklusive.

Auch ohne Jubiläum ist in dem Haus genug los: Elf Olgas leben in dem Haus mit den Ein- bis Zweiraumwohnungen und einem großen Garten. Bewohnerin Ute Grünwedel ist den Trubel gewohnt. „Das ist gar nichts im Vergleich zu meinem früheren Leben“, sagt sie. 30 Jahre lang hat sie ein Internat mit über 200 Jugendlichen geleitet – und auf dem Gelände gewohnt. Nach dem Ruhestand bekam sie einen Platz in der Hausgemeinschaft.

Die besteht ausschließlich aus Frauen. Bei der Gründung hatten sich ursprünglich auch drei Männer beworben. „Doch als das Haus gebaut und die Sache verbindlich wurde, sprangen die ab“, erzählt Ute Grünwedel. „Die haben wohl gemerkt, dass sie hier nicht bekocht werden und ihre Wäsche selbst machen müssen.“

Jede Bewohnerin hat hier ihre eigene Wohnung mit eigener Küche, Bad und Balkon, bis zu 60 Quadratmeter pro Partei. „Wir entscheiden selbst, wie viel Gemeinschaft und wie viel Rückzug wir wollen und brauchen“, sagt Hildegard Ruder – dieses angenehme Zusammenleben schätzt die 79-Jährige. Sie wagte den späten Umzug, als sie sich von ihrem Mann getrennt hatte und ihr das Haus, in dem sie lebte, zu groß wurde. Erst wollte sie selbst eine WG gründen, dann stieß sie auf Olga. „Das eigene Haus aufzugeben war anfangs eine einzige Katastrophe“, sagt Ruder. „Meine Schwester musste mit einem großen Anhänger vorfahren – allein, um den Keller auszuräumen.“ Heute ist sie froh, den Schritt gewagt zu haben. „Zusammen alt werden ist wichtiger und schöner, als möglichst viel Platz für sich selbst zu haben.“

Im Olga gibt es regelmäßige Treffen, Besprechungen, Spieleabende. Mal werden Garteneinsätze, mal Ausflüge organisiert. Die Frauen haben sich gegenseitig unterstützt, Aufgaben bewältigt, Reisen unternommen. Sie haben gemeinsam gefeiert, gemeinsam getrauert. Im Todesfall oder bei Auszug zieht rasch eine Neu-Olga in die frei gewordene Wohnung. Die Liste der Interessentinnen ist lang.

„Wir sind ein bisschen ruhiger geworden“, erzählt Ute Grünwebel. „Die Älteste von uns wird 86, da ist mehr Ruhe und Bequemlichkeit gewünscht und mehr Hilfe und Toleranz gefragt.“ Und jede Bewohnerin ist erleichtert, dass zur Not immer jemand einen Zweitschlüssel hat – wenn mal was ist. Philipp Brandstädter