Biden warnt vor Rafah-Offensive: „Es ist einfach falsch“

Der US-Präsident droht Israel, bei einer Rafah-Offensive gewisse Waffen nicht mehr zu liefern. Dort gibt man sich unbeeindruckt und hält am Plan fest.

Raketenleuchten über Nachthimmel.

„Iron Dome“-Abfanggeschosse will Washington weiter liefern: Himmel über Aschkelon während eines Hamas-Angriffs im Januar Foto: Amir Cohen/reuters

BERLIN taz | US-Präsident Joe Biden hat angekündigt, Israel bestimmte Waffen nicht mehr zu liefern, sollte die israelische Regierung an ihrer Offensive auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens festhalten. Es ist das erste Mal seit dem Beginn des Gaza­kriegs nach dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023, dass Biden einen derartigen Schritt ankündigt. Bislang hatte sich der Präsident darauf beschränkt, von Israel immer wieder Rücksicht auf die Zivilbevölkerung in Gaza einzufordern, ohne aber mit konkreten Konsequenzen zu drohen.

Bereits jetzt haben die USA bereits eine Lieferung von 1.800 907-Kilogramm-Bomben und 1.700 226-Kilogramm-Bomben zurückgehalten. Im Gaza­strei­fen seien Zivilisten als Folge dieser Bomben getötet worden, sagte Biden nun am Mittwoch in einem Interview mit dem US-Fernsehsender CNN. „Es ist einfach falsch.“

Seit Wochen bereitet Israel eine Offensive auf die Stadt Rafah vor, in der mindestens 1 Millionen Menschen Zuflucht gesucht haben, nachdem die israelische Armee die Bevölkerung in den nördlicheren Teilen des Gazastreifens dazu aufgefordert hatte, in den sichereren Süden zu gehen. Die USA, aber auch die deutsche Bundesregierung, mithin also die zwei engsten Verbündeten Israels, warnen eindringlich vor einem Einmarsch in Rafah.

Bidens Wende trifft auf ein geteiltes Echo. „Die Entscheidung bedeutet, dass Biden sich entschlossen hat, das einzige wirkliche Druckmittel anzuwenden, dass er auf Bibi [Israels Premier Benjamin Netanjahu, Anm. d. Red.] hat – Waffen zurückhalten,“ sagte Cliff Kupchan von der Polit-Consulting-Firma Eurasia Group der New York Times. „Biden hat keine Wahl. Der Krieg ist eine Last für seinen Wahlkampf, für die Einheit der Demokratischen Partei und das Ansehen der USA in der Welt“, sagte Kupchan weiter.

Rund 80.000 Menschen aus Rafah geflohen

Scharfe Kritik kommt hingegen sowohl von US-Republikanern als auch aus der israelischen Regierung. „Die Hamas liebt Biden“, schrieb der rechtsextreme israelische Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir auf X (vormals Twitter). Und der ebenfalls rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich erklärte, seine Regierung werde ihre Ziele im Gaza­strei­fen trotz der US-Drohung weiterverfolgen. „Wir müssen den Krieg fortsetzen, bis die Hamas vollständig beseitigt ist und unsere Geiseln wieder zu Hause sind“, erklärte Smotrich. Dazu gehöre „die vollständige Eroberung von Rafah, je früher, desto besser“.

Der republikanische Senator Lindsay Graham sagte in einem TV-Interview, Bidens Entscheidung sei ein Triumph für Irans Regierung, einen der wichtigsten Unterstützer palästinensischer Terrororganisationen: „Der einzige Grund, warum sie in Iran nicht auf den Straßen tanzen, ist ihre Ablehnung von Tanz“, sagte Graham. Es verändere die Lage im Krieg gegen den Terror zum schlechteren.

Dabei hatte Biden keineswegs angekündigt, Israel überhaupt keine Waffen mehr zu liefern. Vielmehr stellte er in dem CNN-Interview klar, dass sich die USA der Verteidigung Israels weiter verpflichtet fühlen und weiterhin „Iron Dome“-Abfanggeschosse und andere Defensivwaffen liefern.

Israel hält an Bodenoffensive fest

Ungeachtet internationaler Kritik hält Israel an den Plänen für eine Bodenoffensive in Rafah fest. Am Dienstag hatte die israelische Armee Panzer in die Stadt geschickt. Am Mittwoch nahm die israelische Armee nach eigenen Angaben Rafah unter Beschuss. Ihre Soldaten hätten „gezielte Operationen“ im Osten der Stadt ausgeführt, erklärten die Streitkräfte. Dabei seien „mehrere Terroristen“ getötet worden, zudem seien Tunnelöffnungen entdeckt und zerstört worden.

Seit Montag seien etwa 80.000 Menschen aus Rafah geflohen und suchten anderswo Zuflucht, teilte das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA am Donnerstag via X mit. Inzwischen ist ein Frachter mit Hunderten Tonnen Hilfsgütern für die Zivilbevölkerung im Gaza­strei­fen aus dem zyprischen Hafen von Larnaka ausgelaufen. „Bis der Frachter ankommt, wird auch der Pier, den die USA bauen, fertig sein“, erklärte ein zyprischer Regierungssprecher.

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