Die Wahrheit: Bingo ist nichts für Angsthasen

Die Ente mit zwei Füßen? Die dicke Frau? Bingo funktioniert mit Geheimcodes, und kann durchaus in Schlägereien ausarten. Wie hier zu beweisen war.

Bingo ist ein harmloses Glücksspiel für alte Damen? Von wegen. In Wirklichkeit wird dabei mit harten Bandagen gekämpft, und manche schrecken nicht vor Gewalt zurück. Neulich mussten bei einer Bingo-Veranstaltung in einem Hotel im südirischen Cork zwei Personen ins Krankenhaus eingeliefert werden, zwei andere wurden von der Polizei festgenommen.

Auf einem Überwachungsvideo war eine Massenschlägerei zu sehen, Stühle flogen durch die Luft, Tische wurden zertrümmert, während vor dem Hintereingang separate Keilereien stattfanden. Das Motiv ist unklar, vermutlich sind zwei verfeindete Familien ausgerechnet bei dem als „fami­lien­freundlich“ angepriesenen Spiel-Event übereinander hergefallen.

Das ist beileibe kein Einzelfall, offenbar muss man bei Bingo-Abenden neuerdings stets mit Krawallen rechnen, selbst wenn sie in einem Pflegeheim stattfinden. Im kanadischen Ontario zum Beispiel hatte eine 86-Jährige eine abfällige Bemerkung über den Enkel einer 79-Jährigen gemacht, was in einem Handgemenge endete, an dem sich auch andere Heimbewohner beteiligten. Verletzt wurde zum Glück niemand.

Im englischen Derby kam es dagegen in der lokalen Bingo-Halle zu einer Rauferei, bei der zwei ältere Frauen mit Gesichtsverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, während sechs Personen Hausverbot auf Lebenszeit erhielten. Im südwestenglischen Torquay gab es eine Saalschlacht, weil sich eine Gruppe lautstark unterhielt, sodass die Stammspielerinnen die Zahlen nicht verstanden, obwohl sie ihre Hörgeräte auf volle Kraft gestellt hatten. Zeugen erzählten der Polizei, sie hätten Handtaschen durch die Luft fliegen sehen.

Fünf gleichzeitig

Meine Schwiegermutter war ein Bingo-Junkie, sie spielte jeden Abend. Als sie alt und gebrechlich war, mussten wir sie abwechselnd begleiten, aber sie war immer noch Profi: Sie spielte fünf Bingo-Karten gleichzeitig, während ich Mühe hatte, mit einer Karte zurechtzukommen, weil der Spielleiter sich einer Art Geheimsprache bediente. „Zwei kleine Entlein“ sind zum Beispiel die 22, während „Ente mit Krücke“ die 27 ist. Mit „Beine“ ist die 11 gemeint, und „zwei fette Damen“ stehen für die Nummer 88. Das konnte ich als Amateur nicht wissen, und so markierte die Schwiegermutter geschwind auch meine Karte, nachdem sie ihre fünf Karten erledigt hatte.

Sie gewann regelmäßig kleinere bis mittlere Summen, teilte die Gewinne aber stets mit den Nachbarinnen, denn man kannte sich seit Jahrzehnten und hatte eigene Stammplätze. Eine Mitspielerin war nur widerwillig einen Stuhl weitergerückt, damit ich neben meiner Schwiegermutter sitzen konnte. Einen Moment lang dachte ich, sie würde mich vom Stuhl schubsen, was möglicherweise eine Schlägerei ausgelöst hätte. Aber so etwas gab es damals nicht, Bingo ist erst im 21. Jahrhundert zu einem Kampfsport mutiert.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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