Katar und seine Opfer (18): Verlust jeder Hoffnung

Mandaloji Rajendra Prabhu aus Indien kämpft in Katar lange Zeit um bessere Arbeitsbedingungen. Vergeblich. Dann nimmt er sich das Leben.

Scherenschnitt von einem Mann

Foto: Illustration: taz

Dieser Bericht enthält Schilderungen über Suizid. Wenn auch Sie oder eine nahestehende Person sich in einer scheinbar ausweglosen Situation befinden, zögern Sie nicht Hilfe anzunehmen. Die Telefonseelsorge ist immer unter (0800)1110111 erreichbar.

Am 29. September 2019 wartet Sucharitha lange darauf, dass ihr Mann anruft. Seit Mandaloji Rajendra Prabhu drei Jahre zuvor das indische Heimatdorf verlassen hat, um in Katar zu arbeiten, telefonieren sie abends miteinander. Doch Prabhu meldet sich nicht. Am nächsten Morgen erfährt sie von einem Verwandten, dass ihr Ehemann sich das Leben genommen hat. Er erhängte sich in der beengten Gemeinschaftsunterkunft.

Nach langem Kampf hatte Mandaloji Rajendra Prabhu aufgegeben. Über Jahre rang der Handwerker gegen die miserablen Arbeitsbedingungen. „Jeden Monat gab es Probleme mit dem Gehalt“, erinnert sich seine Frau. „Er hat nie das bekommen, was ihm versprochen worden war. Er hat sich auch über die langen Arbeitstage beschwert, oft mehr als 12 Stunden. Er musste in einem kleinen Raum mit fünf anderen leben.“ Prabhu möchte das nicht auf sich sitzen lassen, er begehrt auf. Da erklärt sich die Firma bereit, ihm einen Bonus zu zahlen. Er bleibt – sie zahlt nie.

Von den 700 Dollar, die er auf Papier erhalten soll, bekommt er nur die Hälfte. 200 Dollar im Monat schickt er nach Hause. Davon muss Prabhu seine Frau, seine beiden Töchter, seine Eltern, eine alte Großmutter und die Familie seines Bruders versorgen.

Neue Arbeit, alte Bedingungen

Seinen letzten Heimatbesuch 2018 erlaubt die Firma nur nach langem Streit. Er weigert sich, zurückzukehren, falls die Bedingungen sich nicht verbessern. „Er hat sehr viel gekämpft, wegen Gehalt und Essen, aber auch wegen der Lebensbedingungen und der Qualität des Essens“, sagt Sucharitha.

Prabhu wechselt die Arbeit und hofft auf Besserung, aber die Bedingungen bleiben schlecht. Er will nach Hause, nur noch ein paar Monate durchhalten. Er hat es nicht geschafft. „Er hat oft gesagt, dass er krank und müde von alledem ist“, sagt seine Frau. Nach seinem Suizid gibt es nicht einmal ein Kondolenzschreiben der Firma, auch keine Entschädigung.

Stattdessen soll Sucharitha dafür zahlen, dass die Leiche nach Hause kommt. Schließlich hilft ihr ein Migrationsbüro. Sucharitha muss nun als Näherin allein ihre Töchter versorgen. Und zwei Kredite für die Jobvermittlung nach Katar abbezahlen.

Quelle: Cards of Qatar, eine Recherche der journalistischen Plattform blankspot.se

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Haben Sie den Verdacht, an Depression zu leiden? Oder haben Sie sogar suizidale Gedanken? Andere Menschen können Ihnen helfen. Sie können sich an Familienmitglieder, Freun­d:in­nen und Bekannte wenden. Sie können sich auch professionelle oder ehrenamtliche Hilfe holen – auch anonym. Bitte suchen Sie sich Hilfe, Sie sind nicht allein. Anbei finden Sie einige Anlaufstellen.

Akute suizidale Gedanken: Rufen Sie den Notruf unter 112 an, wenn Sie akute suizidale Gedanken haben. Wenn Sie sofort behandelt werden möchten, finden Sie Hilfe bei der psychiatrischen Klinik oder beim Krisendienst.

Depression und depressive Stimmung: Holen Sie sich Hilfe durch eine Psychotherapie. Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe kann Ihnen ferner Hilfe und Information zum Umgang mit Depression bieten.

Kummer: Sind Sie traurig und möchten jemanden zum Reden haben? Wollen Sie Sorgen loswerden und möchten, dass Ihnen jemand zuhört? Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr besetzt. Die Telefonnummern sind 0800 111 0 111 und 0800 111 0 222. Sie können auch das schriftliche Angebot via Chat oder Mail in Anspruch nehmen.

Onlineberatung bei Suizidgedanken: Die MANO Suizidprävention bietet eine anonyme Onlineberatung an. Wenn Sie über 26 Jahre alt sind, können Sie sich auf der Webseite registrieren. Sollten Sie jünger sein, können Sie hier eine Helpmail formulieren.

Hilfsangebot für Kinder, Jugendliche und Eltern: Die Nummer gegen Kummer hat sich zum Ziel gesetzt, Kindern, Jugendlichen und Eltern zu helfen. Kinder erhalten dort Unterstützung unter der Nummer 116 111, Eltern unter 0800 111 0 550, und bei der Helpline Ukraine unter 0800 500 225 0 finden Sie auch Hilfe auf Russisch und Ukrainisch.

Hilfsangebot für Mus­li­m:in­nen: Die Ehrenamtlichen des Muslimischen Seelsorgetelefons erreichen Sie anonym und vertraulich unter 030 443 509 821.

Bei der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention können Sie nach weiteren Seiten und Nummern suchen, die Ihrem Bedarf entsprechen.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.