Turbulenzen bei Siemens Energy: Der Wind ist raus

Der Energietechnikhersteller Siemens Energy stürzt wegen der Windturbinen-Tochter Gamesa an der Börse ab. Das hat vor allem zwei Gründe.

Bauteile von Windanlagen liegen auf einem Feld

Bauteile für Windanlagen im Freilager der Siemens-Tochter Gamesa in Cuxhafen Foto: Paul Langrock

MADRID taz | Siemens Energy hat am Freitagfrüh an der Börse rund ein Drittel seines Wertes verloren. Das entspricht 6,3 Milliarden Euro. Auch die Siemens AG selbst verlor drei Prozent. Der Grund für den Crash: Das für Energie zuständige Tochterunternehmen der Münchner Siemens AG musste seine Gewinnprognosen für 2023 stark nach unten korrigieren. Schuld daran sind seit Monaten immer wieder auftretende Defekte an Windturbinen der einst spanischen Gamesa, die 2017 mit Siemens Wind Power fusionierte.

„Der Rückschlag ist heftiger, als ich es für möglich gehalten hätte“, sagte Siemens-Energy-Chef Christian Bruch am Freitag in einem Analysten-Call. Erst vor zehn Tagen hatte Siemens Energy auch die letzten Anteile an Siemens Gamesa von Minderheitsaktionären aufgekauft.

Bereits am Donnerstagabend hatte Siemens Energy eine Börsenmitteilung veröffentlicht, die vor „deutlich erhöhten Ausfallraten bei Windturbinen-Komponenten“ von Siemens Gamesa warnte. Zur Behebung der Probleme bei Windanlagen würden „wesentlich höhere Kosten anfallen als bisher angenommen“.

Es sei auch nicht gelungen, die Produktivität zu verbessern, beim Bau von Offshore-Anlagen komme es ebenfalls zu Schwierigkeiten. Die Rede ist auch von Verzögerungen beim Bau neuer Produktionsstätten. Die erst im Mai gesenkte Gewinnprognose wurde zurückgezogen – sie hatte für das laufende Jahr ohnehin schon Hunderte Millionen Verlust vorhergesehen.

Jede Menge teurer Baustellen

Dabei galt Gamesa bei Gründung und Börsengang von Energy im Jahr 2020 eigentlich als der zukunftsträchtige Teil des Konzerns, der auch ein großes Geschäftsfeld mit konventioneller Kraftwerkstechnik hat. Nun gibt es jede Menge teurer Baustellen. Die Kosten aus möglichen Garantieansprüchen wegen defekter Windturbinen liegen laut Siemens Energy bei einer Milliarde Euro. Bereits im Januar hatte Gamesa eine knappe halbe Milliarde Euro für Garantie- und Wartungskosten zurückgestellt.

Siemens-Gamesa-Chef Jochen Eickholt musste zugeben, dass es wohl nicht nur um Qualitätsprobleme, sondern auch um Designfehler bei den Turbinen geht. Eickholt verzichtete auf nähere Angaben und verwies auf die Vorstellung der Quartalsergebnisse am kommenden 7. August. Dort werde es weitere Einzelheiten geben. All dies beruhigte die Anleger nicht. Ganz im Gegenteil: Panikverkäufe bestimmten das Geschehen an den Börsen.

Siemens Gamesa stellt Windkraftanlagen für Land und See her und gehört zu den größten Anbietern weltweit. Das Unternehmen schreibt allerdings schon länger rote Zahlen. Der Konkurrenzdruck durch chinesische Hersteller ist enorm. In der Pandemie gingen die Aufträge zurück, die Preise der Zulieferer stiegen. Teile wurden knapp. Zuletzt hatte Siemens Gamesa den Verkauf von acht Fabriken in Spanien angekündigt.

Einst Montagefirma für dänischen Hersteller Vestas

Das im Baskenland ansässige Unternehmen Gamesa wurde in den Jahren des Booms der Erneuerbaren Energien im Spanien der späten 1990er und frühen 2000er Jahre zu einem der führenden Unternehmen weltweit. Es entstand als reine Montagefirma für Windturbinen des dänischen Herstellers Vestas. Diese Lizenzgeneratoren waren anfänglich nur für die Märkte in Spanien, Lateinamerika und Nordafrika bestimmt. 2001 verkauft Vestas seine 40 Prozent an Gamesa an Mehrheitsaktionäre.

Gamesa wurde dann zum eigenständigen Unternehmen und lieferte fortan an alle Märkte. Die Technik einiger Turbinen ging ebenfalls an Gamesa über. Doch die Basken entwickelten auch eigene Windgeneratoren wie eine 6-Megawatt-Turbine für die Offshore-Installation. Nach der Fusion mit Siemens brachte das Unternehmen gar eine 10-Megawatt-Turbine auf den Markt.

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