Angriff auf ZDF-Mitarbeiter in Berlin: Presse und Nazis verwechselt

Nach dem brutalen Überfall auf ein ZDF-Team 2020 in Berlin erhalten vier Angeklagte Bewährungsstrafen. Sie hatten überraschend gestanden.

Vier Anwälte und Angeklagte, die sich hinter silberfarbenen Heftdeceln verstecken

Die Angeklagten und ihre An­wäl­t:in­nen im Gerichtssaal des Kriminalgerichts Moabit am Montag Foto: Monika Skolimowska/dpa

BERLIN TAZ Die Besucherbänke im großen Saal des Berliner Amtsgerichts sind voll. Knapp 20 Jour­na­lis­t*in­nen und rund 30 Un­ter­stüt­ze­r*in­nen der Angeklagten sind am Montag gekommen, um einem Prozess zu folgen, der lange erwartet wurde. Verhandelt wird an diesem Montag einer der brutalsten Angriffe auf Medienvertreter in den vergangenen Jahren.

Am 1. Mai 2020 attackierte eine Gruppe Vermummter ein Team der ZDF-Satiresendung „heute Show“. Mit Schlag- und Eisenstöcken sollen die An­grei­fe­r*in­nen auf die Journalisten und deren Security-Team eingeschlagen haben. Das Fernsehteam hatte auf einer Querdenken-Demo in Berlin gedreht.

Der Fall hatte für Aufsehen gesorgt, nicht nur wegen seiner Brutalität, sondern auch, weil am Rande von Corona-Demos immer wieder Jour­na­lis­t*in­nen angegriffen werden. Nur anders als bei den meisten dieser Vorfälle ging die Attacke auf das ZDF-Team nicht von verschwörungsgläubigen oder rechten Demo-Teilnehmer*innen aus, sondern von einer linksradikalen Gruppe.

Auf der Anklagebank sitzen drei Männer und eine Frau zwischen Ende 20 und Anfang 30. Vorgeworfen wurde ihnen gefährliche Körperverletzung und in einem Fall Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Acht Verhandlungstage waren angesetzt, bis Mitte März sollte verhandelt werden. Doch zum Auftakt verkündet die Richterin eine Überraschung: Das Gericht und die Angeklagten hätten sich vorab verständigt. Sollten die Angeklagten gestehen, würde ihnen maximal zwei Jahre Haft auf Bewährung drohen, dazu ein Bußgeld.

Die Angeklagten entschuldigen sich

Und so startet der Prozess mit vier kurzen, fast wortgleichen Geständnissen. Die Ver­tei­di­ge­r*in­nen tragen sie nacheinander vor: Ihre Man­dan­t*in­nen räumen den Angriff ein, allerdings habe es sich um eine Verwechslung gehandelt. Die An­grei­fe­r*in­nen hätten Personen aus dem rechten Spektrum treffen wollen, keinesfalls Pressevertreter. Sie entschuldigen sich.

Zwei der Opfer schildern vor Gericht den Überfall aus ihrer Sicht. Vier weitere Aussagen werden verlesen. Daraus ergibt sich ein relativ stimmiges Bild der Tat: Das ZDF-Team hatte zwischen zwei Drehs abseits der Demo Pause gemacht. Plötzlich rannte eine Gruppe von 10 bis 20 Leuten auf sie zu, schwarz gekleidet. Drei oder vier An­grei­fe­r*in­nen seien auf die Männer vom ZDF losgegangen, hätten sie mit Schlägen und Tritten malträtiert, zum Teil mit Metallstangen oder Schlagstöcken. Sie hätten auch dann noch auf die Köpfe ihrer Opfer eingetreten, als diese bereits am Boden lagen.

Es gab Knochenbrüche, Prellungen, Bewusstlosigkeit.

Fünf Personen aus dem siebenköpfigen ZDF-Team wurden verletzt, es gab Knochenbrüche, Prellungen, Bewusstlosigkeit. Einer trug einen Tinnitus davon. Der Kameramann schildert, wie ihm bis heute die Nase schmerzt. Der Regisseur erzählt, dass sein Team anschließend entschieden habe, nicht mehr auf solchen Demos zu drehen.

Richterin spricht von „konzertierter Aktion“

Das zitiert auch der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Das sei eindeutig ein Angriff auf die Presse gewesen, das Team des ZDF sei mit seiner Kamera erkennbar gewesen. Der Staatsanwalt fordert zwei Jahre Haft auf Bewährung.

Die Richterin folgt der Argumentation des Staatsanwalts und verurteilt die vier Angeklagten zu jeweils zwei Jahren auf Bewährung, dazu zu einer Geldstrafe von je 5.000 Euro. Zwar erkennt die Richterin das Geständnis der Angeklagten an, deren Begründung, es habe sich bei dem Angriff um eine Verwechselung gehandelt, will sie allerdings nicht glauben. „Das war 'ne konzertierte Aktion“, sagt sie. So etwas kenne sie sonst nur von den politischen Geg­ne­r*in­nen der Angeklagten: den Rechten.

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