Auf die Straße gegen rechts: Tausende zu Anti-AfD-Demos erwartet

In mehreren Städten sind in den nächsten Tagen Großdemos angekündigt. Die Veranstalter wollen ein Zeichen des Widerstands gegen rechts setzen.

Menschen halten Schilder bei einer Demo hoch

Demo gegen rechts in Mainz am Donnerstagabend Foto: Helmut Fricke/dpa

BERLIN/HAMBURG dpa/taz | Die Berichte über ein Treffen von rechten Aktivisten mit Politikern von AfD und CDU zum Thema Migration haben viele aufgeschreckt: Deutschlandweit wollen in den nächsten Tagen Zehntausende Menschen auf die Straße gehen, um ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie zu setzen. Bereits an diesem Freitag werden in Hamburg rund 10.000 Menschen bei einer Demo „gegen Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke“ erwartet. Auch in vielen weiteren Städten sind Kundgebungen mit Titeln wie „Nie wieder ist jetzt“ und „Demokratie verteidigen“ geplant.

In mehreren Bundesländern beteiligen sich daran die Regierungschefs: in Hamburg Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), in Jena Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) in Hannover Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), in Bremen Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD).

In Hannover, wo die Veranstalter am Samstag von deutlich mehr als 10.000 Teilnehmern ausgehen, werden auch der frühere Bundespräsident Christian Wulff (CDU) und die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, als Redner erwartet. In Karlsruhe soll ein Demonstrationszug am Samstag am Bundesverfassungsgericht vorbeiführen. In München wird am Sonntag mit 10.000 bis 20.000 Demonstranten gerechnet.

Weitere größere Demonstrationen sollen unter anderem in Kiel und Bielefeld (beide Freitag), in Braunschweig, Dortmund, Erfurt und Heidelberg (alle Samstag) sowie in Berlin und Dresden (Sonntag) stattfinden. Selbst in Westerland auf Sylt ist für Samstag eine Demo angemeldet.

Breite gesellschaftliche Unterstützung

Bereits in den vergangenen Tagen war es nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv über ein Treffen mit Rechtsradikalen in Potsdam zu Kundgebungen gegen rechts gekommen, oft mit deutlich mehr Teilnehmern als erwartet. Unter anderem in Köln versammelten sich mehrere Zehntausend Menschen. Unterstützt werden die Aufrufe vielerorts von großen gesellschaftlichen Bündnissen, an denen sich neben SPD, Grünen und Linken sowie Kirchen und Gewerkschaften etwa auch Sportler und Künstler engagieren.

In Mainz demonstrierten am Donnerstagabend rund 5.000 Menschen. An der Kundgebung „Zeichen gegen rechts – Kein Platz für Nazis“ nahm auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) teil. Rechtsextreme planten „eine Gesellschaft, die wir nicht wollen“, und „Massendeportationen“, sagte sie. Nun müssten alle Bürgerinnen und Bürger aufstehen „und deutlich machen: Wir sind die vielen in dieser Gesellschaft, die, die in einer Demokratie leben wollen, in Freiheit, Gleichheit und gemeinsam.“

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich auf der Plattform X, früher Twitter, bei den Demonstranten bedankt, die sich „gegen Rassismus, Hetze und für unsere freiheitliche Demokratie“ einsetzten. „Das macht Mut und zeigt: Wir Demokratinnen und Demokraten sind viele – viel mehr als diejenigen, die spalten wollen“, schrieb der SPD-Politiker. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) dankte ebenfalls für die Zivilcourage. „Zeigen wir alle Gesicht gegen die Brandstifter & Hetzer und für ein weltoffenes Deutschland“, schrieb Wüst auf X.

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Auch über das Wochenende hinaus sind bereits Kundgebungen geplant. So ist als Symbol einer Brandmauer gegen rechts am 3. Februar in Berlin eine Menschenkette um das Reichstagsgebäude geplant. Das Medienhaus Correctiv hatte über ein bis dahin nicht bekanntes Treffen von Rechtsradikalen mit Politikern von AfD und CDU in einer Potsdamer Villa vom 25. November berichtet. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte dort nach eigenen Angaben über „Remigration“ gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang.

SPD sagt AfD den Kampf an

Bundesinnenministerin Nancy Faeser sprach am Donnerstagabend von „widerlichen Ausgrenzungsfantasien“. „Das ist alles andere als harmlos“, sagte die SPD-Politikerin in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. Zur Debatte über ein AfD-Verbot sagte die Ministerin, sie schließe das nicht aus, weil Sicherheitsbehörden immer prüften, ob die Verfassung mit Füßen getreten werde. Das könne in ein paar Jahren ein Mittel sein, sei aber in der politischen Auseinandersetzung nicht der richtige Weg.

SPD-Chef Lars Klingbeil kündigte eine schärfere inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD an. „Wir werden herausarbeiten, wie sich dieses Land verändern würde, wenn die AfD das Ruder übernehmen könnte“, sagte Klingbeil der Augsburger Allgemeinen (Freitag). „Die letzten Wochen haben deutlich gezeigt, dass die AfD durchs Land gehen und alle aussortieren will, deren Nachname oder Hautfarbe ihr nicht passt. Und da geht es um Menschen, die fest zu unserer Gesellschaft gehören, die als Pflegekräfte arbeiten, als Busfahrer, als Bundestagsvizepräsidentin. Also diejenigen, die überall in diesem Land dazu beitragen, dass der Laden läuft.“

Es gehe auch darum, dass die AfD den Austritt aus der EU wolle. „Damit wären sehr viele Arbeitsplätze in Gefahr. Diese Partei macht nichts besser, sie gefährdet unseren Wohlstand und unsere Zukunft“, sagte Klingbeil. „Das wird ein Jahr des Kampfes. Wir werden kämpfen für die arbeitende Mitte. Wir werden kämpfen gegen den Versuch von Rechtsextremen und der AfD, dieses Land kaputtzumachen“, betonte Klingbeil. Relevant sei auch, dass die Regierung besser werden müsse. Sie müsse weniger streiten, mehr erklären und politische Entscheidungen treffen für die arbeitende Mitte im Land.

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