Deutschlands CO2-Budget: Ökologische Schuldenkrise

Deutschland hat sein CO2-Budget längst aufgebraucht. Es gibt nur noch einen Weg: Die Emissionen müssen schnellstmöglich gesenkt werden.

Kondensstreifen stossen aus einem Flugzeug weisse Linien in den Himmel

Ökologischer Wahn­sinn: Ge­wohn­heits­recht Fliegen Foto: Patrick Pleul/dpa

Das Budget ist ausgeschöpft. Deutschland steht es nicht mehr zu, die Atmosphäre als Müllhalde für Treibhausgas zu missbrauchen. Da ist kein Platz mehr für 3.158 Kilo Kohlendioxid, die ein Flug von Berlin nach New York und zurück verursacht, erst recht nicht für 22 Millionen Tonnen, die jährlich aus den Schornsteinen des Kohlekraftwerks Neurath kommen. Es gibt kein freies Eckchen für die knapp 3 Kilo, die ein Steak verursacht. Eigentlich nicht mal für die 10 Gramm, die für eine Karotte anfallen.

Die Re­gie­rungs­be­ra­te­r*in­nen von Deutschlands Sachverständigenrat für Umweltfragen haben ihre Berechnung zum CO₂-Budget aktualisiert. Ähnlich wie bei einem finanziellen Budget geht es dabei darum, wie viel zur Verfügung steht – nur eben nicht an Geld, sondern an CO₂-Ausstoß.

Das Ergebnis: Es ist nichts mehr übrig, und zwar schon seit Anfang 2023. Dabei haben die Wis­sen­schaft­le­r*in­nen erstens angenommen, dass die Welt das geschlossene Paris-Abkommen auch tatsächlich erfüllen und damit die Erderhitzung einigermaßen sicher bei 1,5 Grad stoppen will. Und zweitens gestehen die Ex­per­t*in­nen jedem Menschen auf der Welt dieselbe Menge Treibhausgas zu.

Aber Deutschland hat natürlich nicht Anfang 2023 mit dem Treibhausgasausstoß aufgehört und wird das auch jetzt nicht tun, kann es auch gar nicht ad hoc. Im vergangenen Jahr wurden 673 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen – das sind immerhin deutlich weniger als im Jahr zuvor. Es erscheint auch endlich im Rahmen des Möglichen, dass Deutschland seine eigenen Klimaziele für das laufende Jahrzehnt erreicht. Im Jahr 2030 sollen die Emissionen demnach um 65 Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen. Das wäre schon mal ein echter Fortschritt. Aber leider hat sich Deutschland eben Ziele gesetzt, die hinter dem zurückbleiben, was aus internationaler Sicht fair wäre.

Deutsches Gewohnheitsrecht

Da Teile der Bundesregierung im wahrsten Sinne des Wortes peinlich darauf bedacht sind, dass sich Deutschlands Schulden in engen Grenzen halten: Sie wachsen uns über den Kopf – und zwar die ökologischen. Andere Länder müssen schließlich entsprechend auf den Ausstoß von Treibhausgasen verzichten. Eine Person in Äthio­pien verursacht zum Beispiel nur ungefähr ein Zwanzigstel des Klimaschadens eines Menschen in Deutschland.

Wir setzen auf eine Art Gewohnheitsrecht: Weil wir schon immer viel emittiert haben, tun wir es auch weiter. Die Konsequenz muss natürlich sein, dass die Emissionen schnellstmöglich gesenkt werden – und dass Deutschland seine ökologischen Schulden bei anderen Ländern immerhin finanziell ausgleicht.

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Jahrgang 1991, ist Redakteurin im Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.

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