Die Wahrheit: Der Breitbeinmann

Schurken, die die Welt beherrschen wollen – heute: Boris „Pistolero“ Pistorius, deutsche Verteidigungskraft und Kerl bis Oberkante Unterlippe.

Ein alter Mann ohne Brille, aber mit Mütze

Hansdampf in allen Panzergassen: Boris Pistorius Foto: AP

Mit unscharfen Ohren konnte man es für Geschützdonner halten, doch es war nur das vieltausendfache Aufatmen im Verteidigungsministerium, das die Fenster erzittern und Passanten zu einem Knäuel zusammenzucken ließ: War der Iwan wieder da, schickte er sich endlich an, Berlin und den Rest doch noch plattzumachen, nach fast 80 vertrödelten Jahren?

Nein, Pistorius war da, war der frisch einberufene neue Bundesverteidigungsminister, hatte soeben den Gestellungsbefehl aus der Hand des Bundespräsidenten erhalten und wurde an diesem 19. Januar 2023 mit dröhnendem Hurra von seinen Mannen begrüßt, musste nur noch wie alle Neuen Bier aus der Kloschüssel trinken. Aber keine Bange! Pistorius hat gedient und kann mit Männern.

Endlich war seine Vorgängerin, die als Frau viel zu weibliche Christine Lambrecht, aus dem Amt geschossen worden, hatte die Stellung nicht einmal ein Jahr halten können, obwohl die Ukraine mit offenen Armen vor ihr lag und nach Waffen lechzte. Es war Zeit für höchste Eisenbahn, eine neue Epoche zog klirrend am Himmel auf! Nur die ungediente Lambrecht merkte es nicht und vergrub sich zu Hause in den Kissen.

Jetzt aber atmen die Augen der Truppe endlich frei! Zum ersten Mal hatte Olaf Scholz sich als Kerl bewiesen, das läppische, weibische Gewäsch von Geschlechterparität im Kabinett in einem kühnen Handstreich weggefegt und ein Hoppelhäschen wie die Lambrecht durch einen markigen Genossen ersetzt, der zu Recht ein Mann ist. Und was sich heutzutage auch nicht von selbst versteht: Pistorius hatte ganz klar abgelehnt, zu kurz geratenen Zi­vi­lis­t*in­nen zuliebe sich einer Geschlechtsumwandlung zu unterziehen!

Keine Chance für Frauen

Nota besonders bene: Auch eine Eva wie die Högl mochte noch so greinen – sie musste einfache Wehrbeauftragte für die noch einfacheren Soldaten, Soldatinnen und so weiter bleiben und durfte nicht ans andere Ufer als Minister. Und Abmarsch!

Olafs Blitzkrieg war erfolgreich, Pistorius und die Bundeswehr befreit. Noch am 18. Januar hatte Pistorius in Hannover an der Leine gesessen und wie seit zehn Jahren als Innenminister für Ruhe und Ordnung sorgen müssen, und das im Inneren Niedersachsens, was bei keinem Menschen eine schöne Vorstellung ist. Nun war er die Leine los!

Andererseits: Schon damals hatte er sich lieber in den Kasernen, auf den Truppenübungsplätzen und den Marinestützpunkten, mit denen das in jeder Beziehung flache Niedersachsen dicht gepflastert ist, getummelt als in den Wäschereien der Seniorenheime im Oldenburger Land oder in den Werkstätten für anders Behinderte in der Lüneburger Heide. Solcherlei Pflichtbesuche standen ihm schon seit seinen endlosen sieben Jahren als Osnabrücker Oberbürgermeister, als er kostbare Zeit damit vertrödeln musste, sich um Bauen und Bildung, um Wohnen und Wirtschaft und andere Frauenthemen zu kümmern, während fast 2.000 Kilometer weiter draußen der Russe stand. Wie konnte er das vor den Nachbarn und seinen zwei Kindern rechtfertigen?!

Nun ja, hier ist ein kleines Geständnis fällig: Pistorius heißt mit Vornamen Boris. Und dieser Boris gehörte jahrelang rein zufällig zur deutsch-russischen Friedens- und Freundschaftsgruppe des Bundesrats – ohne dass es bei den vielen Treffen jemals zu einem Blutvergießen kam. Obwohl jedes Mal der Russe dabei war!

Keine Chance für den Iwan

Was die Sache noch unbegreiflicher macht: Fast 45 Jahre früher, 1980, als Pistorius schon einmal in der Uniform steckte und den Wehrdienst verrichtete, war der Russe der Iwan. Schon damals wurde der junge Dachs also auf Linie gezogen – und spülte es danach komplett aus seinem Gedächtnis! Ist Pistorius etwa ein Windbeutel?

Ein kerniges Nein! Er war und ist von der Kimme bis zum Korn ein treuer Parteisoldat der SPD und kämpft für sie an jeder Front, an die sie ihn beruft. Diese Fronten sind im Bewegungs- und Stellungskrieg der Politik stets neue. Kritik an den eigenen Leuten ist Verrat und hilft nur dem bösen Feind. Deutschland aber hilft dem lieben Freund, von dem es noch vor gut einem Jahr nichts wusste!

Nur Defätisten bezweifeln, dass sich mit Pistorius und der Bundeswehr die Richtigen gefunden haben, und werden ihre volle Hose noch bereuen. Alle anderen dürfen und können jetzt vor Freude wie eine Eihandgranate platzen, wenn der Minister auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow, eingetütet im Flecktarn, im Leopard 2A6 den 62 Tonnen den Befehl zum Kettenrasseln unter seinem Allerwertesten gibt. Weiter oben fachsimpelt er, also Boris Pistorius, danach über Feuerkadenz und Glattrohrkanonen, tauscht sich mit den alten und neuen Kameraden aus über Kampf-, Schützen-, Späh-, Jagd-, Flak- und Schildkrötenpanzer, ja, so ein Witz lockert die Stimmung! Auf die Zwölf!

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kari

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