Die Wahrheit: Die Strammsteherin

Schurken, die die Welt beherrschen wollen – heute: Eva „Hammer“ Högl, innere Mutter der Kompanie und innige Schwester von Schütze Arsch.

Wehrbeauftragte Eva Högl

Durchschaut den Dschungel Bundeswehr kaum noch: Eva Högl Foto: snapshot-photography

Halbverfaulte Panzer ohne Kette und Kanonenrohr für den Landkrieg; für den Luftkampf von Rost zerfressene Flugzeuge, denen bereits ein Flügel fehlt, während im lahmen Turbinentriebwerk des anderen sich eine Mäusefamilie lautstark eingerichtet hat; für die Seeschlacht Fregatten ohne Unterleib: Die Bundeswehr lebt auf dem letzten Zahnfleisch.

Zugegeben, das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere: Eine richtige Armee braucht nicht nur gut im Saft stehendes Kriegsgerät, sondern auch ausreichend viel Menschenmaterial, strapazierfähig und möglichst lange haltbar! Braucht echte Soldaten, denen ein Trommelfeuer ein Stahlbad ist, und keine Memmen, die heulen, wenn die Kleiderkammer nicht genug Stiefel und Unterhosen für alle hat! Oder Soldatinnen!

Eine, die sich um diese Fragen mit vollem Einsatz kümmert, ist die Wehrbeauftragte des Bundestages, die fünffach ausgezeichnete Eva Alexandra Ingrid Irmgard Anna Högl, kurz und knapp frisiert und auf den strammen Punkt gebracht: Eva Högl. „Jahrelang wurde unsere Bundeswehr in Grund und Boden gespart“, klagt die seit 2020 ihren aufrechten Mann stehende SPD-Dame: „Im letzten Manöver mussten unsere kernigen Vaterlandsverteidiger und -innen Helme aus Altpapier tragen, die Maschinengewehre schossen mit Erbsenmunition, und die Kommunikation zwischen Front weit vorne und Generalstab ganz weit hinten konnte nur mit wackeligen Brieftauben aufrechterhalten werden, nachdem ein mutmaßlich russisches Kampfvirus unsere schönen Leitungen aus Kupferdraht ausgeknipst hatte. Ausknipsen, das sagt man doch so im Soldatenjargon, oder?“

Manchmal schimmert es noch unter der Mütze durch: Obwohl jetzt die Mutter der Kompanie, hat Eva Högl nie gedient. Hat nie einen ungeschnittenen Ganztagesmarsch absolviert, bis die Füße sich in den Knobelbechern auflösten und die Arschsuppe in der eigenen Hose kochte, hat nie von der Inneren Führung als äußerer Staatsbürger in Uniform gekostet oder im Bau. Doch fehlende Erfahrung in gesiebter Luft macht sie durch vorbildliches Engagement für jeden lebenden Kameraden wett und setzt sich in der Politik, aber auch im Parlament und in der Presse ein, wenn jemanden die Socke sticht und oben die Haube ziemlich locker sitzt.

Liegestütz vor Spieß

Högl ist ein Name, der mit vier Silben geschrieben wird: Her-vor-ra-gend! 1969 in Marsch gesetzt, hat seine Trägerin zwar eine Flugabwehrkanone nie von innen gesehen oder auf der Stube auseinanderfalten und wieder zusammenkleben müssen; bei Nichtgefallen 50 Liegestütz für den Kompaniefeldwebel, den immer sauren Spieß. Stattdessen schloss sie sich im wehrfähigen Alter von 18 Jahren den jungsozialistischen Einheiten ein und studierte mit hoher Kampfmoral Jura an der Unifront. Dafür wurde die mit einem blitzenden Doktororden geehrt und als damit erwachsen gewordene Parteisoldatin auf einen Wachposten im Bundesministerium für Arbeit und Sozialdemokratisches gestellt.

Die Marschrichtung war aber von Anfang klar: hinaus aufs Gelände, hinein in die Politik, ins Kriegsgeschehen, das Schwarze im Auge des Feindes sehen, der CDU! War Genossin Högl im Januar 2009 noch Politikerin der Reserve und rückte für einen kampfunfähigen Genossen in den Reichstag nach, so triumphierte sie seither dreimal über alle Feinde in ihrem Wahlkreis und marschierte Ende 2009 sowie 2013 und 2017 direkt vors Hohe Haus und in sein Herz hinein.

Streiche von Kameraden

Und heute als Wehrbeauftragte nicht nur ins Herz hinein! 183.000 Soldaten jeder Geschlechter- und Geschmacksrichtung leisten ihr Leben in der Bundeswehr ab – und das Schöne: Ihren Kummer über riechende Vorgesetzte oder alberne Streiche der Kameraden (braune Schoko in der Schlafanzughose) können, aber müssen sie nicht bei Eva Högl anmelden. Vor allem aber ist es Eva Högls gottverdammte Pflicht und Aufgabe, Mensch und Maschine der Bundeswehr auf Vordermann zu bringen und zu helfen, wenn der Dienst aufgrund von Lücken im Apparat und Löchern im Regiment leidet. Zum Beispiel weil es hinten am Nachschub mangelt!

Aus diesem kalten Grund sollen zuunterst Jugendoffiziere die Schüler zuverlässig munitio­niert auf Zack bringen: „Das ist keine Werbung, sondern Aufklärung, nicht anders als jede Reklame“, so sinngemäß Eva Högl, die sich diebisch freut, dass sie zuletzt sogar rund 1.700 Minderjährige mit ihren süßen Versprechungen ins Häuschen, die sogenannte Kaserne, locken konnte.

Öffentliche Gelöbnisse, klingende Zeremonien bei der Verabschiedung von Verbänden zu Auslandsmissionen und bei der stückweisen Rückkehr, sichtbares Tragen der Uniform über der Wäsche auch bei Schützenfesten und Messen sollen dem Volke das Militär wieder schmackhaft machen. 100.000 Mil­liarden Euro Sondervermögen (Schätzung) stehen auf Kommando bereit und hoffentlich ähnlich viele Bürger, die mit verkürzter Grundausbildung andocken dürfen ans teure Vaterland und sich mit Wehrübungen frischhalten können wie im Juni 2019 der Esel Cem Özdemir.

Nicht nur Eva Högl, ganz Deutschland muss, so verheißen es Plakate der Bundeswehr, „wieder Stärke zeigen“. Also auf ein Neues!

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kari

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