Dreikampf um die SPD-Spitze: Und raus bist Du …

Samstag erscheint das Ergebnis der SPD-Mitgliederbefragung um den Landesvorsitz. Schafft kein Duo eine absolute Mehrheit, scheidet das Schwächste aus.

SPD Mitgliedervotum Stimmzettel

Am Samstag sollen die ersten Ergebnisse des Mitgliedervotums für den Landesvorsitz feststehen Foto: Britta Pedersen/dpa

BERLIN taz | Gerade noch als starker Mann der SPD mit der CDU über die neuesten Kürzungen im Landeshaushalt verhandelt, aber möglicherweise als Parteichef ausrangiert? Das ist die Ausgangslage für den SPD-Fraktions- und Parteichef Raed Saleh, bevor am Samstagnachmittag das Ergebnis der Mitgliederbefragung um den künftigen Berliner SPD-Vorsitz vorliegen. Erreicht eines der drei Bewerberduos die absolute Mehrheit, also mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen, übernimmt es ab dem 25. Mai die Doppelspitze der SPD. Klappt das nicht, gibt es Anfang Mai einen zweiten Wahlgang. Aus dem bisherigen Triell würde dann ein Duell der beiden bestplatzierten Duos.

In der Partei hält man es eher für unwahrscheinlich, dass die Entscheidung schon im ersten Wahlgang fällt. Die Frage des Wochenendes ist darum: Wer muss raus? Nicht aus dem Big-Brother-Haus, aber aus dem Vorsitz-Wettstreit? Ist es Saleh, der bislang mit der nicht erneut kandidierenden Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey an der Parteispitze steht und nun mit der Marzahn-Hellersdorfer Bezirksverodneten Luise Lehmann antritt? Ihm lasten viele das schlechte Ergebnis der jüngsten Abgeordnetenhauswahl an.

Oder muss Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel gehen, der sich mit seiner Co-Kandidatin Nicola Böcker-Giannini gegen den von Saleh seit Jahren verfolgten Kurs einer Kostenlos-Politik bei Kita, Hort, Mensa und Schülerticket gestellt hat?

Möglich ist aber auch, dass der bisherige Vize-Landesvorsitzende Kian Niroomand mit seiner Partnerin Jana Bertels ausscheidet, der Vorsitzenden der Berliner SPD-Frauen. Diese beiden haben sich für eine Politik mit „linken Koalitionen jenseits der CDU“ ausgesprochen. Das aktuelle schwarz-rote Bündnis würden sie allerdings fortführen, haben sie der taz gegenüber versichert.

Bis Freitagabend 22 Uhr müssen die Abstimmungszettel oder Online-Voten im Kurt-Schumacher-Haus angekommen sein, der SPD-Landeszentrale im Wedding. Knapp die Hälfte der Mitglieder hatte sich für eine Abstimmung via Internet registriert, die andere bekam Anfang April ihre Wahlunterlagen per Postbote. Wer es anderweitig verpeilt hat, kann bis Freitagabend auch direkt in der Parteizentrale abstimmen.

Samstag gibt es die Ergebnisse

Die Auszählung ist für Samstag im Erika-Hess-Saal angesetzt, größter Raum im Haus und nach einer fast legendären früheren Weddinger Bürgermeisterin benannt. Hier zählte die Partei vor einem Jahr auch die Abstimmung über den Koalitionsvertrag mit der CDU aus. Wie damals sollen die Auszählerinnen und Auszähler ihre Handys abgeben müssen, damit Ergebnisse nicht vorab bekannt werden. In Plastiktüten eingepackt, lagerten die damals vor dem Saal.

Valide Vorhersagen gelten als fast unmöglich. Denn der größere Teil der Mitgliederschaft gilt als große Unbekannte: Sie zahlt Beiträge, tritt aber im Parteileben sonst nicht in Erscheinung. Von einzelnen Vorsitzenden auf unterster Ebene, die in Berlin nicht wie anderswo Ortsvereine, sondern Abteilungen heißen, kann man zu hören bekommen, dass sie in ihrem Amt über viele Jahre nicht mal die Hälfte derer zu sehen bekommen hat, die in der Kartei – heute eher Datei – stehen. Umso weniger bekannt ist darum, welcher innerparteilichen Richtung sie zuneigen.

Einzelne Gliederungen haben sich zwar positioniert – die Jusos etwa mit starken Worten für Niroomand und Bertels und gegen Hikel/Böcker-Giannini, in denen eine langjährige Juso-Vorsitzende eine „CDU light“ sieht. Die Spandauer SPD wiederum unterstützt kaum überraschend Saleh samt Partnerin – er ist dort ja auch Kreisvorsitzender.

Die Mitgliedschaft konnte die drei Duos bei drei Parteiforen erleben, zweimal quasi zum Anfassen im Willy-Brandt-Haus, der SPD-Bundeszentrale, einmal via Internet. Noch kurz vor dem letzten dieser Foren mühten sich Hikel und Böcker-Giannini, dem Eindruck sozialer Härte entgegenzuwirken und stellten ihre Ideen vor, wie sich, allerdings nur über Bundesgesetzgebung, guten Gewissens Geld abschöpfen lässt: „Es braucht eine Vermögenssteuer, höhere Steuern auf große Erbschaften und Schenkungen sowie eine Reichensteuer für Einkommensmillionäre“, formulierten sie in einer vorab verbreiteten Presserklärung.

Allen drei gemeinsam ist, dass sie die Dinge nach eigenem Bekunden grundsätzlich neu angehen wollen – Niroomand/Bertels sprechen von einem „Neuanfang“, Hikel/Böcker-Gianinni von einem „Neustart“. Doch auch der seit dreieinhalb Jahren amtierende Saleh will mit seiner Partnerin Lehmann „eine neue Ära der Berliner Sozialdemokratie einleiten“. Samstagnachmittag ist mindestens klar, wer sich von derartigen Ambitionen verabschieden muss. Weil das Mitgliedervotum nur eine Befragung ist, wird offiziell erst beim Landesparteitag am 25. Mai von den rund 260 Delegierten gewählt. Dass die aber vom Votum der Basis abweichen könnten, gilt in der Partei als ausgeschlossen.

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