FDP-Politikerin gibt Studierenden Tipps: Lifehacks gegen Armut

Die FDP-Politikerin Ria Schröder hat revolutionäre Geheimtipps am Start, wie arme Menschen studieren sollen. Doch von welcher Realität spricht sie da?

Portrait Ria Schroeder vor einer mit Graffiti vollgesprühten Mauer

Ria Schröder, FDP, posiert im Fußballkäfig in Berlin-Wedding Foto: Julia Baier

Letzte Woche gab die FDP-Politikerin Ria Schröder dem Spiegel ein Interview, in dem sie zeigt, dass sie Studierende an der Armutsgrenze nicht ernst nimmt. Dass von oben herab auf Studierende geschimpft und geurteilt wird, ist zwar nicht neu, doch jedes Mal aufs Neue bitter.

Ein Drittel der Studierenden ist armutsgefährdet, gibt das statistische Bundesamt an. Dieses Drittel muss wohl irgendwas falsch machen. Denn Schröder meint, das sei alles machbar. Wie? Darauf gibt sie Antworten.

Die Interviewte besuchte ab 2010 die Bucerius Law School in Hamburg, die damals etwa 1.230 Euro im Monat kostete. Rechnet man das auf fünf Jahre Jura Studium hoch, kommt man auf 74.000 Euro. Dennoch spricht sie im Namen der BAföG-Beziehenden. Sie habe ihr Studium nämlich mit BAföG, einem Studienkredit, einem Nebenjob und einem monatlichen 200-Euro-Zuschuss von ihren Eltern finanziert.

Ein Drittel der Studierenden armutsgefährdet

Sie spricht davon, sparsam gelebt zu haben. Im Urlaub ins Hostel, statt ins Hotel gegangen zu sein, billige Notizbücher gekauft und oft in der Mensa gegessen zu haben. Das Drittel der Studierenden, das armutsgefährdet ist, wird sich diese revolutionären Geheimtipps sicher zu Herzen nehmen. Denn wer kennt sie nicht, die armen Studis, die zwar kaum ihre Miete zahlen können, aber sich weigern auf billigem Papier zu schreiben? Mit der Schröder-Taktik zur Armutsbekämpfung werden sie darauf verzichten müssen.

Die FDP-lerin gibt weitere Tipps. Sie findet beispielsweise, arme Student_innen haben nicht in teuren Städten zu leben. In denen befinden sich zwar oft die besseren Universitäten, aber leider auch die teureren WG-Zimmer. Nicht alle müssen sich das Beste leisten können. Nicht alle dürfen an Hamburger Elitehochschulen studieren.

Außerdem empfiehlt sie einen Job neben dem Studium. „[…] Es tut gut, einmal zu sehen, dass Arbeit nichts Schlechtes ist: Man bekommt Geld, Erfahrung und es macht mehr Spaß, als zu Hause rumzuhängen und durch Instagram zu scrollen.“ sagt Schröder in dem Interview.

Niemand, den ich während meines Studiums kennengelernt habe, hat nicht gearbeitet. Besonders nicht diejenigen, die währenddessen noch BAföG bezogen. Die sogenannten Werkstudentinnen-Jobs sind schlecht bezahlt, obwohl man oft die gleiche Arbeit wie seine Teil- oder Vollzeitkolleginnen erledigt.

Ungerechtigkeit im System

Diese Ungerechtigkeit ist ins System eingebaut. Einige Unternehmen würden ohne die Arbeitskraft von schlechtbezahlten Werkstudentinnen oder Praktikantinnen im Studium gar nicht funktionieren. Wenn es gut läuft, wird man als Werkstudentin mit einem Gehalt knapp über dem Mindestlohn bezahlt, im Praktikum geht man oft ganz leer aus.

Arbeit bringt zwar etwas Geld – wenn man den Großteil davon nicht über daraus resultierenden BAföG-Kürzungen oder Krankenkassenabgaben wieder verliert – aber bedingt auch, dass weniger Zeit fürs Studium übrigbleibt.

Oft verzögert es sich um einige Semester, was sich wiederum negativ auf das BAföG auswirkt. Im schlimmsten Fall schafft man nicht, das Studium zu beenden. Die, die es nicht packen, wären laut Schröder „besser in einer Ausbildung aufgehoben gewesen“. FDP-Darwinismus.

„Besser in der Ausbildung aufgehoben“

Die meisten Studierenden werden Ria Schröder trotz allem recht geben: Ja, man schafft das Studium letztendlich. Irgendwie kommt man aus der Nummer wieder raus, ob mit Abschluss oder ohne. Aber müssen arme Studierende dafür leiden?

Die vielen Anträge, die nie enden wollenden Rechnungen, die Schulden, die man angehäuft hat und danach abbezahlen muss, wenn man denn einen gut bezahlten Job bekommt. Dazu kommen die Interviews mit FDP-Poltikerinnen, die man danach lesen werden muss, und die einem sagen, dass man selbst schuld an seinem Leid gewesen sei.

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