App-Pflicht bei der Bahncard: Digitale Spaltung, hausgemacht

Die Plastik-Bahncard gehört bald der Vergangenheit an. Probleme sind damit vorprogrammiert und Kun­d:in­nen ohne digitale Affinität bleiben außen vor.

Eine Bahncard in einer Hand

Bald ein Erlebnis der Vergangenheit: eine Bahncard in der Hand halten Foto:

Das wird ein großer Spaß ab Mitte des kommenden Jahres: Die Deutsche Bahn will ihre Bahncard ab dann nur noch digital anbieten, nicht mehr als Plastikkarte. Wir freuen uns also in den Zügen auf leere Akkus, eingefrorene Bildschirme, Bahn-Apps, die aus unerfindlichen Gründen die Bahncard nicht reinladen wollen oder abgestürzt sind, und die entsprechenden Diskussionen. Ach so: Ganz besonders wird sich natürlich das Personal darauf freuen.

Wer sich dagegen nicht freuen darf: Menschen, die aus einem oder mehreren Gründen kein Smartphone benutzen können oder wollen. Denn so großartig die Möglichkeiten der Digitalisierung für viele Menschen sind – sie sind es eben nicht immer und nicht für alle und nicht in jeder Situation.

Natürlich ist es ein unterstützenswertes Ziel, ökologischer sein zu wollen. Und 25 Tonnen Plastik für die jährlich 5 Millionen ausgegebenen Bahncards sind nicht ohne. Interessant aber, dass insbesondere Unternehmen ihr Umweltschutzgewissen bevorzugt dann entdecken, wenn es ihnen in den Kram passt – und sich praktischerweise andere Prozesse damit mckinseyisieren lassen.

Dabei gäbe es durchaus den ein oder anderen Ansatzpunkt für ökologischeres Handeln: die Bord- und anderen Bahn-Restaurants auf fleischfrei umstellen, konsequentes Setzen auf Mehrwegsysteme oder echter Ökostrom sowohl für die Züge als auch für die Bahnhöfe und andere Gebäude, und zwar sämtliche.

Mobilität ist Teilhabe. Öffentliche Mobilität wird immer wichtiger angesichts von Klimakrise, fortschreitender Versiegelung von Flächen und nötiger Verkehrswende. Die Teilnahme an öffentlicher Mobilität sollte daher so niedrigschwellig wie möglich sein.

Doch ab Mitte kommenden Jahres wird ein nicht unerheblicher Teil davon von einer App abhängig sein, die nur über die Plattformen der jeweiligen Anbieter wie Apple und Google zu bekommen ist, an der es einiges an Kritik in Sachen Datenschutz gibt – und die natürlich nur auf einem entsprechenden Endgerät läuft. Digitale Spaltung, hausgemacht.

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schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

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