Forscherin über höhere SUV-Parkgebühren: „Die Zulassungszahlen steigen“

Deutsche Kommunen haben es aus rechtlichen Gründen schwer, Parken zu verteuern. Doch es gibt Spielraum, sagt Expertin Anke Borcherding.

Blaues Auto parkt auf dem Bürgersteig.

Große schwere Autos nehmen viel Platz des öffentlichen Raums ein Foto: stefan zeitz/imago

taz: Frau Borcherding, was bringt es, Parkgebühren für SUVs zu erhöhen?

Anke Borcherding: Wenn jemand sehr viel öffentlichen Raum zum Parken seines privaten SUV in Anspruch nehmen will, das Parken aber teurer ist, bringt das der Kommune höhere Einnahmen. Langfristig ist dann mehr Geld da – also dafür, den öffentlichen Raum anders zu nutzen als fürs Parken. Höhere Parkgebühren allein werden aber nicht das Problem lösen, dass es zu viele Fahrzeuge gibt.

Anke Borcherding ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe Digitale Mobilität des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung.

Warum sind parkende Autos im öffentlichen Raum ein Problem?

Der öffentliche Raum in Städten ist sehr begrenzt. Durch das Parken verschwenden wir diesen Raum letztendlich sinnlos, im großen Stil. Wir verderben unsere städtische Umwelt. Fahrzeuge stehen im Schnitt 23 Stunden am Tag nur rum.

Wie könnten wir den Raum besser nutzen?

In Zeiten der Klimakrise könnten wir vor allem Flächen entsiegeln. Man kann Bäume pflanzen oder Beete anlegen. Es könnten Radwege auf Straßen entstehen, die jetzt von Autos zugeparkt werden. Eine gemeinschaftliche, klimaschonende Nutzung ist allemal besser als eine versiegelte Fläche mit schweren, sinnlosen Fahrzeugen.

Wie sinnvoll ist es, vor allem SUVs an den Kragen zu gehen?

Große und schwere Fahrzeuge mit hohem Kraftstoffverbrauch fressen alle Fortschritte auf, die die Autoindustrie erzielt, wenn sie es schafft, etwas weniger klimaschädliche Fahrzeuge zu bauen. Deshalb hat sich die Umwelt­bilanz im Verkehr noch nicht gebessert. Bei den Fahrzeugen anzusetzen, die das größte Problem darstellen, den meisten Platz verbrauchen und die Umwelt so stark belasten, macht auf jeden Fall Sinn. Und: Die Zulassungszahlen dieser Autos steigen die ganze Zeit, dadurch wird der öffentliche Raum noch stärker umkämpft.

In Deutschland gibt es Städte, die Parken teurer machen wollten und damit gescheitert sind. Frankfurt am Main hat im vergangenen Jahr geprüft, ob besonders schwere Autos mehr zahlen könnten. Das war wegen rechtlicher Bedenken schnell wieder vom Tisch. Freiburg ist vor dem Bundesverwaltungsgericht mit einer sozialen Staffelung der Parkgebühren gescheitert. Wie ist die rechtliche Lage in Deutschland?

Der Autoverkehr genießt in Deutschland durch die Straßenverkehrsordnung einen rechtlichen Vorrang. Wenn eine Kommune auf Grundlage der Straßenverkehrsordnung etwas ändern möchte, muss sie nachweisen, dass dort eine Gefahr besteht und es zum Beispiel Unfälle mit Personenschäden gab. Das grenzt die Handlungsspielräume für die Kommunen extrem ein. Nach dem Vorstoß in Freiburg hat das Gericht nicht geurteilt, dass die Parkgebühren insgesamt nicht erhöht werden dürfen. Sondern dass die Stadt das falsche rechtliche Instrument gewählt hat. Sie hätte eine Satzung erlassen müssen. Für die Kommunen ist das tatsächlich eine Heidenarbeit. Wenn sie etwas anderes durchsetzen wollen als Autostraßen und Parkplätze, müssen sie sich juristisch sehr gut beraten lassen. Sie haben immer Angst, dass eine Bürgerin klagt, vor Gericht recht bekommt und dann die ganze Arbeit umsonst war. Davor schrecken viele Kommunen zurück. Wenn eine Gemeinde aber politisch und personell gut aufgestellt ist und, wie die Bürgermeisterin in Paris, etwas verändern möchte, gibt es schon Spielraum.

Der grüne Oberbürgermeister in Hannover, Belit Onay, lieb­äugelt zum Beispiel auch mit höheren Preisen fürs Parken von SUVs. Braucht es nur genug Motivation seitens der Politiker:innen?

Das ist die Voraussetzung. Die Privilegien der Autofahrenden anzuknabbern ist immer ein politischer Kraftakt und mit extrem viel Gegenwind verbunden.

Wie könnte eine Reform auf Bundesebene aussehen, die den Kommunen rechtlich mehr Spielraum geben würde?

Die geplante Reform der Straßenverkehrsordnung hat der Bundesrat im vergangenen November leider kassiert. Mit ihr hätte es mehr Möglichkeiten gegeben. Wir hängen immer noch an dem Bild der autogerechten Stadt, obwohl wir eine umweltgerechte Stadt brauchen. Das Scheitern der Novelle zeigt, wie schwierig das ist. Aber auch im bestehenden rechtlichen Rahmen haben Kommunen Möglichkeiten.

Zum Beispiel?

Die Regeln für die Parkraumbewirtschaftung erlauben Kommunen eigentlich, allgemein viel höhere Parkgebühren zu nehmen. In Berlin fehlt dafür bisher jedoch die Voraussetzung. Es gibt aber weitere Möglichkeiten: So hat der Bezirk Berlin-Mitte gerade aus einer Straße eine Schulstraße gemacht. Dafür mussten Parkplätze wegfallen. Anwohnende wollten den Abbau der Parkplätze nicht hinnehmen und haben geklagt. Dann wurde aber richterlich bescheinigt, dass es keinen Anspruch auf Parkplätze im öffentlichen Raum gibt. Der Bezirk hat die Pläne für die Schulstraße im Amtsblatt veröffentlicht, dann musste er eine Widerspruchsfrist abwarten. Wenn man dieses Verfahren überstanden hat, ist man rechtssicher. Das ist organisatorisch aufwendig, aber eine Möglichkeit, Dinge zu verändern.

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