NS-Vergangenheit von Baerbocks Großvater: Nazi-Opa im Keller

Baerbocks Großvater soll „bedingungsloser Nationalsozialist“ gewesen sein. Putin kommt die Neuigkeit gelegen: So kann er sich milde geben.

Außenministerin Baerbock an einem Flugzeug.

Baerbocks Familiengeschichte, symptomatisch dafür, wie wenig die Deutschen über ihre eigene Familie in der NS-Zeit wissen wollen Foto: Michael Kappeler/dpa

Diese Steilvorlage ließ Wladimir Putin sich nicht entgehen. War Annalena Baerbocks Großvater stärker in den Nationalsozialismus verstrickt als bisher bekannt? Gönnerhaft sprach der russische Präsident die deutsche Außenministerin jetzt in einem TV-Interview von der Verantwortung für die Taten ihres Vorfahren frei. Er nutzte die Gelegenheit aber, um der Grünen vorzuwerfen, mit ihrer Politik gegen die Interessen ihres eigenen Landes zu handeln.

Ausgerechnet die Promi-Illustrierte Bunte hat recherchiert, dass Baerbocks Großvater ein „bedingungsloser Nationalsozialist“ gewesen sei soll. Das schrieben seine Vorgesetzten bei der Wehrmacht in einer Akte über den ausgebildeten Ingenieur. 1944 sollte ihm die höchste Kriegsauszeichnung für Zivilisten verliehen werden.

Baerbock hat sich in Büchern und Reden immer wieder positiv auf ihren Großvater bezogen. Sie hat zwar nie verhehlt, dass er als Offizier an der Ostfront war. Diese Akte sei ihr aber „nicht bekannt“ gewesen, musste das Auswärtige Amt nun einräumen.

Ein Fest für Putin-Trolle

Für Putin-Trolle und andere Baer­bock-­Hasser ist das ein gefundenes Fressen. Schon früher warfen russische Propagandisten der Politikerin vor, sich mit ihrer Haltung gegenüber Russland ideologisch in den Fußstapfen ihres Großvaters zu bewegen. Auch jetzt spekulieren manche wieder über „Abgründe im Unterbewusstsein“.

Das ist infam, denn Baerbocks Familiengeschichte ist nicht untypisch: In fast jeder deutschen Familie gibt es einen Opa, der Mitläufer oder Täter war. Über heutige Überzeugungen sagt das wenig aus. Auch die Formulierung in der Personalakte ist nicht unüblich.

Vorwerfen kann man Baerbock, dass sie sich die Akte über ihren Opa nie selbst aus dem Archiv besorgt hat, wenn sie ihn schon so gern erwähnt. Von einer Außenministerin darf man das erwarten. Doch es ist symptomatisch dafür, wie wenig die Deutschen über ihre eigene Familie in der NS-Zeit wissen – oder wissen wollen.

„Opa war kein Nazi“ – dieser Mythos hält sich bei vielen bis heute. Die Akten im Keller sagen etwas anderes.

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Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt über Innen- und Außenpolitik in Deutschland, über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

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