Belästigung vor Schwangerschaftsberatung: „Das soll ein Ende finden“

Frauen mieden Beratungsstellen wegen Protesten an Eingängen, sagt Gudrun Christ von Pro Familia. Die Handhabe in den Kommunen sei bislang schwierig

Frauen protestieren mit Plakaten gegen die selbsternannten Lebensschützer beim "Marsch für das Leben"

Protest gegen den „Marsch für das Leben“ in Berlin: Abtreibungsgegner versuchen Frauen auch vor Beratungszentren einzuschüchtern Foto: M. Golejewski/AdoraPress

taz: Frau Christ, immer wieder stehen auch in Baden-Württemberg Ab­trei­bungs­ge­g­ne­r*in­nen vor Beratungsstellen wie denen Ihres Verbands Pro Familia. Was wollen die Menschen, die sich dort versammeln?

Gudrun Christ: Die Ab­trei­bungs­ge­gne­r*in­nen versammeln sich regelmäßig, um Frauen zu beeinflussen, die wegen eines Schwangerschaftskonflikts zur Beratungsstelle kommen. Bei uns ist besonders die Stelle in Pforzheim betroffen, jedoch gibt es bundesweit Arztpraxen, Gesundheitszentren und Pro-Familia-Beratungsstellen, die belagert werden. In Pforzheim fing es 2018 mit den Mahnwachen direkt vor der Tür an. Die Frauen mussten durch ein Spalier von Menschen durch, um in die Beratungsstelle zu gelangen. Sie hatten Aufsteller, Plakate mit Bildern von Babys, Holzkreuze und gelegentlich auch einen Kindersarg auf dem Gehweg aufgebaut.

Die Diplompädagogin ist baden-württembergische Landesgeschäftsführerin des Verbands für Sexualberatung Pro Familia.

Wer gehört zu den Protestierenden?

Die Ab­trei­bungs­geg­ne­r*in­nen in Baden-Württemberg sind Teil der „40 Days for Life“-Bewegung, einer christlich-fundamentalistischen Organisation aus den USA. In Deutschland kommen sie aus dem Umkreis einer katholischen kroatischen Gemeinde. Zweimal im Jahr stehen die Protestierenden 40 Tage lang, von Montag bis Freitag, vor dem Eingang der Beratungsstelle in Pforzheim und beten und singen. In anderen Städten gibt es auch andere Gruppierungen.

Welchen Einfluss haben die Proteste für die betroffenen Frauen?

Wir wissen, dass Frauen aufgrund der Proteste nicht in die Beratungsstellen gehen. Für viele ist es unangenehm, an der Mahnwache vorbeizulaufen. Frauen, die zu uns kommen, berichten von einem schlechten Gefühl und einem Unwohlsein. Es ist wirklich eine Respektlosigkeit den Betroffenen gegenüber, die ein Recht haben, sich vertraulich und anonym beraten zu lassen. Daher versuchen wir auch, telefonisch oder digitale Beratungen anzubieten. Seit Corona ist das einfacher geworden. Dazu kommt, dass die Mahnwachen wegen Auflagen der Stadt seit Mitte letzten Jahres auf der anderen Straßenseite stattfinden müssen.

Welche Konsequenzen hat das Gesetz gegen Gehsteigbelästigung für Pro Familia?

Wir hoffen sehr, dass die sogenannten Mahnwachen damit ein Ende finden. Solche Veranstaltungen dürfen nicht in Sichtweite von Beratungsstellen, Praxen oder einer Klinik, die Abbrüche vornehmen, zugelassen werden. Denn das beschneidet die Persönlichkeitsrechte der Frauen. In manchen Kommunen versuchte man schon, ähnliche Auflagen zu verhängen, die aber gerichtlich wieder gekippt worden waren. Mit der bundesrechtlichen Regelung hoffen wir, dass klar wird, dass die Belagerungen Belästigungen sind und als solche verfolgt werden. Ich gehe stark davon aus, dass Ab­trei­bungs­ge­gne­r*in­nen gegen die Regelung klagen werden. Hoffentlich kann das Gesetz standhalten.

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