GDL kündigt langen Streik an: Bewegen muss sich die Bahn

Hat die GDL das Recht auf ihrer Seite oder ist der Streik eine Zumutung? Ersteres. Denn es spricht nicht nur die Arbeitsverdichtung gegen die Bahn.

GDL-Vorsitzender Claus Weselsky bei einer Pressekonferenz.

Zieht weiter in den Arbeitskampf mit der Bahn: GDL-Vorsitzender Claus Weselsky Foto: Monika Skolimowska/dpa

Ab Dienstag gibt es Streik bei der Bahn. Ab Dienstag, 18 Uhr streikt DB Cargo, ab Mittwoch, 2 Uhr bis Montagabend um 18 Uhr legt der Rest der Mitglieder der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), also Lokführer*innen, Zugbegleiter, Servicepersonal und Mitarbeitende in den Werken der Deutschen Bahn, für fast sechs Tage die Arbeit nieder.

Von Einigungswillen sei bei der Bahn keine Spur, wirft die GDL der Bahn vor. Zu Recht. Das Tarif-Angebot, das Personalchef Martin Seiler am Freitag präsentierte, war kein ehrliches Angebot an die Mitarbeitenden, sondern ein PR-Stunt für die Presse: Zerknirscht, mit hängenden Schultern und gesenktem Blick, war Seiler vor die Me­di­en­ver­tre­te­r*in­nen getreten. Ganz der Klügere, der doch noch der rohen­, unvernünftigen Gewalt der GDL nachgibt. „Nun gibt es für die GDL keinen Grund mehr, nicht an den Verhandlungstisch zu kommen“, kommentierte er das Angebot: eine Lohnerhöhung von bis zu 13 Prozent in drei Schritten, mit einer Laufzeit von 32 Monaten. Anstelle des dritten Schritts, 2,7 Prozent mehr Lohn, können Mitarbeitende auf 37 Wochenstunden reduzieren. „Bei vollem Lohnausgleich“, hieß das bei ihm.

Weniger Arbeit bei mehr Lohn fordert die GDL im Kern. Aber von der Bahn gibt es in dieser Hinsicht bis dato kein Entgegenkommen. In seinen vorwurfsvollen Formulierungen versteckt hatte Seiler nämlich drei wichtige Punkte. Erstens: Den dritten Schritt der Lohnerhöhung bekommen nur jene, die bei 38 Wochenstunden bleiben. Andersherum gesagt: Alle, die ihre Arbeitszeit reduzieren, bekommen auch 2,7 Prozent weniger Lohn – umgerechnet genau eine Wochenstunde.

Zweitens: Im letzten Angebot vom November hatte die Bahn 11 Prozent versprochen. Für alle, die ihre Wochenarbeitszeit um eine Stunde reduzieren wollen, ist das Angebot eine Verschlechterung. Die lange Laufzeit von 32 Monaten frisst davon gemeinsam mit der Inflation noch mal ein großes Stück. Drittens: Ohne Lohnausgleich können viele Mitarbeitende schon jetzt ihre Arbeitszeit reduzieren. Auch das wissen die Lok­füh­re­r*in­nen und Zug­be­glei­te­r*in­nen – viele andere wissen es nicht. Seilers Theater muss für die Mitarbeitenden wie Hohn geklungen haben.

Bei allen Beschwerden über die Bahn wird oft vergessen: Die Verkehrsleistung auf der Schiene wächst. In den letzten 20 Jahren hat die Deutsche Bahn Fahrgastzahlen und Umsatz verdoppelt. Nur die Mitarbeitendenzahlen und die Gehälter wachsen nicht mit. Für die Angestellten heißt das: Arbeitszeitverdichtung bei schlechterer Ent­lohnung. Knappere Pausen, mehr Trubel, Zusatzaufgaben, schnelleres Tempo, Überstunden und mehr Übergriffe durch Fahrgäste. Schon bei gleichbleibender Arbeit muss ein Inflationsausgleich die Minimalforderung jeder Gewerkschaft sein. Wenn Arbeitgeber von ihren Angestellten aber mehr verlangen, braucht es dafür auch eine Entlohnung.

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Jahrgang 1992, ist Themenchef und Editorial SEO im Regie-Ressort der taz. Neben und nach seinem Studium der Publizistik, Urbanistik und der Politologie in Berlin und Lyon arbeitete er als Rezeptionist und Nachtportier eines Hotels, als Programmchef und CvD des taz lab, auf Stationen in der taz-Werbeabteilung und hospitierte zuletzt in verschiedenen Ressorts der taz.

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